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Berliner Senat verhindert autofreies Hallesches Ufer in Kreuzberg
Die Gelder standen bereit, doch die CDU-Verkehrsverwaltung hält die Umgestaltung des Halleschen Ufers am Landwehrkanal für zu aufwendig
Auf der Webseite des Bundesförderprogrammes »Nationale Projekte des Städtebaus« herrscht noch heile Welt. Dort findet sich der Umbau des Halleschen Ufers zu einer »blau-grünen Promenade« als eines von 18 Projekten, die seit 2022 gefördert werden. Doch der Traum von einer autofreien Uferseite, mit Parkbänken, Wasserzugang und Fahrradwegen – er ist geplatzt. Stattdessen soll alles so bleiben wie bisher: Die Bundesstraße 96 wird den Landwehrkanal in Kreuzberg weitherin idyllisch einrahmen.
Schuld ist die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Die Verkehrsstaatssekretärin Claudia Elif Stutz hat das Projekt abgesägt, wie der »Tagesspiegel« am Mittwoch berichtete. In einem Brief an den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, der »nd« vorliegt, teilte sie mit, das Verfahren »im Lichte der zu erwartenden hohen Personal- und Ressourcenbindung« nicht einzuleiten.
Sie verweist insbesondere auf ungeklärte Verkehrsfragen – denn im Rahmen des Uferumbaus sollte ein 1,7 Kilometer langer Straßenabschnitt zwischen Kulturforum und Urbanhafen zurückgebaut werden, um diese Seite des Kanals ausschließlich für den Fuß- und Fahrradverkehr nutzen zu können. Der Autoverkehr der Bundesstraße B96 hätte ausweichen müssen, wie auch Lastwagen und BVG-Busse. Eine erste Prüfung durch den Bezirk hatte dafür das gegenüberliegende Tempelhofer Ufer vorgesehen. Doch das hält Stutz anscheinend nicht für machbar. Es müsse »leistungsfähige Hauptverkehrsstraßen für die Versorgung und Erreichbarkeit in der Stadt« geben. Da sehe sie jedoch bisher keinen »erkennbaren anderweitigen Netzschluss«. Und eine genaue Begutachtung bedeute zu viel Aufwand mit gleichzeitig zu geringen Erfolgsaussichten.
Ein Schlag ins Gesicht des von Grünen und Linken regierten Bezirkes. Denn erst vor rund einem halben Jahr hatte Friedrichshain-Kreuzberg den Förderscheck über 2 950 000 Euro durch das Bundesprogramm entgegengenommen, der den ersten, 600 Meter langen Bauabschnitt zwischen Köthener Straße und Möckernbrücke finanzieren sollte. Ironischerweise übergab den Scheck Cansel Kiziltepe. Die derzeitige SPD-Sozialsenatorin war damals noch parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium. Nach ihrem Wechsel in die Landespolitik gehört sie nun einer Regierung an, die ebenjenes Projekt einstampft, für das sich Kiziltepe noch lächelnd vor die Kamera gestellt hatte.
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Die Bezirksbürgermeisterin Clara Hermann (Grüne) findet das nicht witzig. In einer Pressemitteilung erinnert sie an den erfolgreichen Förderbescheid. »Ein halbes Jahr später stoppt nun ausgerechnet die Senatsverwaltung für Klimaschutz und Umwelt dieses Projekt für klimagerechte Transformation in der Innenstadt und sorgt so dafür, dass Fördergelder zu verfallen drohen.« Die Absage deutet sie als klimapolitisches Versagen. »Weltweit haben Metropolen die Zeichen der Zeit erkannt und bauen in Anbetracht der Klimakrise die Städte klimaresilient um. Der schwarz-rote Senat betreibt ideologisch die Autopolitik des letzten Jahrhunderts und verhindert so eine grüne Oase am Landwehrkanal.«
Aus dem Bezirksamt heißt es, dass die Absage sich zwar bereits angedeutet habe. Enttäuschung herrsche aber trotzdem. Viel zu rütteln gibt es an der Entscheidung der Verwaltung nicht: Weil das Projekt mit der B96 eine Hauptverkehrsstraße betrifft, fällt es unter Landeskompetenz.
Niklas Schenker, Sprecher für Fuß- und Radverkehr der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, attestiert der Verkehrsverwaltung ebenfalls einen Verbrennerfokus. »An die sozial-ökologische Mobilitätswende ist das eine weitere Absage, die wir in den letzten Wochen und Monaten vom neuen Verkehrssenat beobachten konnten.« Schenker erinnert an die Angriffe der CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner auf geplante Fahrradwege durch ihren Baustopp. Aber auch der aktuelle Haushaltsentwurf spreche die Sprache der Autolobby. Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit würden gekürzt oder komplett gestrichen, so Schenker. Ein Beispiel sind die temporären Spielstraßen, für die kaum noch Geld zur Verfügung stehen soll. Die Prüfung geplanter Tramstrecken sehen Expert*innen als Hürde für den nachhaltigen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
Nicht nur in verkehrspolitischer Hinsicht sorgt die Absage für Enttäuschung. Beim Umbau des Halleschen Ufers wäre auch ein Großteil der Fläche entsiegelt worden, die Umgestaltung sah außerdem Baumpflanzungen und Verdunstungs- beziehungsweise Versickerungsbeete vor. Damit hätte Friedrichshain-Kreuzberg zumindest einen kleinen Schritt in Richtung Schwammstadt getan. Angesichts des Klimawandels und schwindender Grundwasserressourcen fordern Expert*innen seit Jahren, durch entsiegelte Flächen eine Versickerung zu ermöglichen.
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