Kontrollen an polnischer Grenze: Undurchsichtig und willkürlich

Seit Oktober werden Hunderte Geflüchtete an der polnischen Grenze zurückgewiesen – eine Praxis, die das Recht auf Asyl aushebelt

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 2 Min.

Man muss sich das einmal vorstellen: Du hast eine wochen- wenn nicht monatelange Odyssee hinter dir. Bist durch Wälder geirrt, durch Flüsse gewatet, hast dich vor den Hunden der polnischen Grenzpolizei versteckt und dein letztes Geld für eine Fahrt nach Deutschland ausgegeben. Und dann greifen dich am Grenzübergang Beamte auf, deren Sprache du nicht sprichst, verhören dich, obwohl du nichts Verbotenes getan hast, und schicken dich zurück nach Polen.

Dieses Szenario ist seit Oktober und der Einführung stationärer Grenzkontrollen für Geflüchtete sehr viel wahrscheinlicher geworden. Zurückweisung nennt sich diese Form legaler Migrationsabwehr. Und ja, sie ist legal – solange Geflüchtete gegenüber der Bundespolizei nicht aktiv einen Asylantrag stellen, gelten sie in Ermangelung gültiger Reisepapiere als »unerlaubt eingereist«.

Linke Stimmen betonen gerne, dass Grenzkontrollen nicht die Zahl der Ankünfte verringern wird: Menschen werden migrieren und immer gefährlichere Routen nehmen, um der steigenden Repression auszuweichen. Das stimmt. Doch selbst wenn dadurch nicht weniger Menschen nach Brandenburg kommen, bewirken die Grenzkontrollen genau das, was die mittlerweile in fast allen Parteien vertretenen Migrationsfeinde wollen: Sie schaffen einen intransparenten und potenziell rechtsfreien Raum.

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Denn ob nun wirklich kein Asylantrag gestellt wurde oder der Bundespolizist das schlicht überhört hat, ob die Sprachmittlung vor Ort oder leider diesmal nicht verfügbar war – das alles lässt sich im Nachgang einer erfolgten Zurückweisung kaum noch überprüfen. So wird das Recht auf Asyl zu einem Zufall, der außerhalb der öffentlichen Aufmerksamkeit von der Laune des jeweiligen Beamten im Dienst abhängt.

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