Söders Kreuzerlass für grundrechtskonform erklärt

Bundesverwaltungsgericht weist Klage gegen bayerische Vorschrift für staatliche Gebäude zurück

  • Birgit Zimmermann, Britta Schultejans
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Kruzifixe in Bayerns Behörden dürfen hängen bleiben. Das Bundesverwaltungsgericht hat am Dienstag Klagen gegen den »Kreuzerlass« des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) abgewiesen. Die seit 2018 geltende Vorschrift, dass in jedem staatlichen Gebäude in Bayern christliche Kreuze hängen müssen, ist aus Sicht der Leipziger Richter rechtens.

Das oberste deutsche Verwaltungsgericht wies damit die Revisionsanträge gegen eine vorherige Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in München zurück. Es folgte der Argumentation des VGH. Dieser hatte im Sommer 2022 betont, die Kreuze seien kein Verstoß gegen das grundrechtliche Diskriminierungsverbot wegen des Glaubens. »Ein Verstoß gegen das Gebot staatlicher Neutralität, der sich in einer bloß passiven Verwendung eines religiösen Symbols ohne missionierende oder indoktrinierende Wirkung erschöpft und mit keinen weiteren Nachteilen für andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften verbunden ist, verletzt weder deren Recht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit noch auf Gleichbehandlung.«

Söder begrüßte das Urteil. »Das Kreuz ist ein Zeichen unserer christlichen und kulturellen Prägung. Es gehört zu Bayern«, sagte der CSU-Chef. Der Vorsitzende der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, betonte: »Bayern ist ein Land der Vielfalt, der Toleranz und natürlich auch der Glaubensfreiheit, aber Bayern ist eben auch ein christlich geprägtes Land und es ist richtig, dass der Freistaat dies mit dem Kreuz auch zum Ausdruck bringt.«

Im April 2018 hatte das Kabinett in München auf Initiative des damals frisch zum Regierungschef aufgestiegenen Söder den Erlass beschlossen. Trotz heftiger Kritik – sogar von den Kirchen, die Söder vorwarfen, das christliche Symbol für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen – trat er im Juni 2018 in Kraft. In Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats heißt es seither: »Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.«

Die Leipziger Richter befanden, dies sei zulässig. Der Freistaat identifiziere sich durch die Verordnung »nicht mit christlichen Glaubenssätzen«. Vielmehr solle das Aufhängen der Kreuze »Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns sein«.

Geklagt hatte der religionskritische Bund für Geistesfreiheit (bfg). Er forderte die Aufhebung des Erlasses und die Entfernung der Kreuze. Doch wie der VGH, so befand nun auch das Bundesverwaltungsgericht, die Verordnung stelle zwar einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Staates dar, die Kreuze seien aber im Wesentlichen als »passive« Symbole »ohne missionierende und indoktrinierende Wirkung« einzustufen. Der Eingangsbereich einer Behörde werde meist schnell durchschritten, Besucher seien mit dem Kreuz »nur flüchtig konfrontiert und können Abstand halten«. Zudem sei die »Konfrontation« im Eingangsbereich von Gebäuden deutlich geringer als etwa in einem Klassenzimmer oder einem Gerichtsaal. Nichtchristen könnten daher gegenüber dem Freistaat keinen Schutz davor geltend machen. Die Neutralitätspflicht des Staates verlange »keinen vollständigen Verzicht auf religiöse Bezüge«.

Der bfg hatte bereits vor dem Leipziger Urteil angekündigt, im Falle einer Niederlage vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. dpa/nd

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