Berliner Wohnungsunternehmen: Sozialer Wohnraum war gestern

Mieterräte und Mieterverein schließen sich gegen Wohnungspolitik des Senats zusammen

  • Jule Meier
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Hiobsbotschaft traf bereits vor dem Weihnachtsfest ein: Ende September verkündete Bausenator Christian Gaebler (SPD), dass landeseigene Vermieter ab 2024 ihre Miete um 2,9 Prozent erhöhen dürfen. Dies betrifft Mieter*innen von circa 358 000 Wohnungen. Die zugrunde liegende Änderung der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und den landeseigenen Wohnungsunternehmen erklärte er für notwendig, damit Neubau und energetische Sanierungen finanziert werden können. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz klärten am Mittwoch fünf der sechs landeseigenen Mieterräte und der Berliner Mieterverein über die Folgen auf und forderten Gaebler auf, die zum 1. Januar in Kraft tretende Vereinbarung zu stoppen.

»Für uns ist nun ein Punkt erreicht – bei dieser Sache müssen wir zusammen auftreten.« Mit diesen Worten eröffnet Gertrud Küttner vom Mieterrat der Howoge die Pressekonferenz in den Räumen des Berliner Mietervereins. Das gemeinsame Auftreten ist einmalig: Zusammen wollen die Räte und der Berliner Mieterverein ihre Forderungen zur Stärkung der Räte und gegen die Änderung der Kooperationsvereinbarung kundtun.

Die Änderungen ab 2024 betreffen zum einen den sogenannten Mietendimmer vom 1. Juni 2021, der mindestens bis 2025 laufen und eine Mieterhöhungsbegrenzung auf 1 Prozent sichern sollte. Bei abgesenkten Mieten sollten diese maximal und schrittweise um 2,5 Prozent steigen. Die Änderungen betreffen auch die Begrenzung von Modernisierungsumlagen und den Wegfall des sogenannten Kündigungsmoratoriums. Dieses war infolge der Ukraine-Krise in Kraft getreten, um Mieter*innen bei Zahlungsrückständen aufgrund gestiegener Energiekosten vor einer Kündigung zu schützen.

Es geht also um Mieterhöhungen und die Umlage von Modernisierungskosten. Die Mieterräte fordern dazu unter anderem, die Umlage auf die Mieter*innen abzusenken und zu befristen, einen fünfjährigen Mietenstopp bei Neubauten und dass diese nicht durch Bestandsmieter*innen finanziert werden dürfen. Für Mieterräte und -beiräte wollen sie mehr Mitbestimmung. Außerdem in der Kritik: Die Änderungen sollen ohne Beteiligung der Mieter*innen durchgesetzt werden.

Mit dem sogenannten Leistbarkeitsversprechen können Mieter*innen mit geringem Einkommen ihre Miete senken, »wenn sie 27 Prozent ihres Netto-Einkommens erreicht«. Doch das Bündnis bemängelt, dass sich diese 27 Prozent lediglich auf die Nettokaltmiete beziehen. An Mieter*innen mit hohen Betriebskosten und geringem Einkommen geht die Regel vorbei. Gleichzeitig können von jenem Versprechen nur Mieter*innen Gebrauch machen, deren Wohnung eine bestimmte personenabhängige Quadratmeterzahl nicht überschreitet. Damit wären Mieter*innen mit ab 1. Januar steigenden Kosten eventuell gezwungen, umzuziehen.

Ulrike Hamann-Onnertz, Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, spricht an diesem Mittwochmorgen von mehreren Mieter*innen, deren Miete auf 11 Prozent erhöht werden soll. Es gebe sogar Fälle, in denen bis zu 44 Prozent mehr verlangt werde. Dabei handele es sich nicht um eine Mieterhöhung, sondern »um den Sprung auf die vor dem Mietendeckel vereinbarte Miete«. Der Mietendimmer fällt somit weg.

Die an diesem Mittwoch vertretenen Mieter*innen sind »noch dabei, die Betriebskostenabrechnungen zu verarbeiten«. Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund e. V. legte »nd« Belege von Abrechnungen der Degewo vor, die trotz Guthabens Nachforderungen von bis zu 3000 Euro ergeben. Daniela Maria Hirsch, Mitglied im Beirat in Kreuzberg spricht gegenüber »nd« von einem schwarz-roten Klima, unter dem die Landeseigenen sich nun als »Unternehmer auf dem Markt« behaupten wollen.

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