- Kommentare
- Argentinien
Argentinischer Präsident Javier Milei will die Allmacht
Martin Ling über die ersten 20 Tage des argentinischen Präsidenten
Es ist ein Stresstest für Argentiniens Demokratie: 20 Tage ist der ultrarechte Präsident Javier Milei in Argentinien im Amt und hat bereits dreifach zugeschlagen. Ein Zehn-Punkte-Sofortliberalisierungs- und Sparprogramm machte den Anfang, ein Notstandsdekret mit 366 Punkten folgte und als dritter Streich wurde diese Woche ein Mega-Gesetzespaket mit 664 Artikeln auf den Weg gebracht, das es in sich hat. Es nennt sich euphemistisch »Grundlagen und Ansatzpunkte für die Freiheit der Argentinier« und schränkt nichtsdestotrotz viele Freiheitsrechte ein. Sozialhilfeempfängern, die demonstrieren, droht der Entzug von Sozialhilfe und bis zu fünf Jahre Haft droht denjenigen, die »eine Versammlung oder Demonstration leiten, organisieren oder koordinieren, die den öffentlichen oder privaten Transport oder Verkehr verhindert, behindert oder blockiert«.
Milei hat die Kettensäge zur Demontage des argentinischen Sozialstaates angesetzt – und obendrein der Demokratie. Denn das Gesetzespaket beinhaltet unter anderem die Bestimmung, die die Ausrufung des »öffentlichen Notstands in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Steuern, soziale Sicherheit, Sicherheit, Verteidigung, Tarife, Energie, Gesundheit, Verwaltung und Soziales bis zum 31. Dezember 2025« vorsieht – verlängerbar um zwei Jahre und damit bis zum Ende der turnusmäßigen Amtszeit Mileis.
Wenn Milei damit durchkommt, hätte er Legislative und Exekutive in einer Hand, was der argentinischen Verfassung zuwiderliefe. Dass er damit durchkommt, ist nicht wahrscheinlich, denn das Gesetzespaket muss in seinen Einzelheiten durch den Kongress, wo Milei nicht annähernd eine Mehrheit hat. Doch die Lage ist so ernst, dass Argentiniens größte Gewerkschaft CGT zu einem Generalstreik am 24. Januar aufgerufen hat – mitten in den Sondersitzungen des Parlaments über das Gesetzespaket. Der Kampf um die Grundfesten der argentinischen Gesellschaft ist in vollem Gange.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.