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Nicht nur Kohlendioxid
Bei der Förderung von Teersanden dünsten giftige Kohlenstoffverbindungen aus
Der wachsende Hunger nach Energierohstoffen hat seit Beginn des Jahrtausends dazu geführt, dass immer aufwendigere Wege gesucht werden, Lagerstätten auszubeuten. Die Förderung ist in der Regel energieintensiv und für die Umwelt riskant, wie unter anderem 2010 die Explosion der BP-Bohrplattform »Deepwater Horizon« zeigte. Diese pumpte im Golf von Mexiko Erdöl aus 1500 Meter tiefen Gewässern.
Ein weiteres Beispiel zerstörerischer Ölgewinnung ist der Abbau von sogenannten Teersanden im Norden der kanadischen Provinz Alberta. Dort sind inzwischen Urwälder und diverse Flussläufe auf einer Fläche größer als England buchstäblich umgegraben worden. Teersande sind ein Gemisch aus Sand und Bitumen. Letzteres wird mit hohem Energieaufwand gereinigt und zu Schweröl synthetisiert, das dann im Wesentlichen wie Erdöl in Raffinerien weiterverarbeitet werden kann. Neben der Landschaftszerstörung durch den Tagebau – weiter im Süden der Provinz wird das Bitumen auch aus tieferen Schichten mithilfe von Dampf und Chemikalien an die Oberfläche gepumpt – stellen große Becken mit den Rückständen ein erhebliches Umweltproblem dar. Deren Inhalt sei so giftig, dass Wildtiere davon ferngehalten werden müssen, schreibt das Magazin »National Geographic«. Auch Fehlgeburten und Missbildungen bei Kindern werden der Industrie zugeschrieben.
Belastung für Ökosysteme
Neben dem Gifteintrag in die Flüsse, der dann über die Fische im menschlichen Magen landet, stellen auch in angrenzenden Regionen niedergehender saurer Regen, und die Ausgasung organischer Kohlenstoffverbindungen eine erhebliche Belastung für Ökosysteme und Menschen dar. Wobei gasförmige Emissionen offenbar erheblich größer sind als bisher gedacht, wie jetzt ein Team kanadischer, US-amerikanischer, chinesischer und Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermittelt hat. Ihre Messungen und Berechnungen wurden Ende Januar im Fachjournal »Science« veröffentlicht.
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Messflugzeuge haben für die Studie von April bis Juli 2018 verschiedene Tagebaue und Förderpumpen in unterschiedlichen Höhen überflogen. Mit einem CO2-Gasanalysator wurde einerseits der CO2-Gehalt der untersuchten Luft und andererseits die in ihr enthaltenen flüchtigen Kohlenstoffverbindungen erfasst. Letztere wurden mittels eines Katalysators in CO2 zerlegt und dieses separat gemessen. Da man nicht an den unterschiedlichen Verbindungen, sondern nur an der Gesamtmenge interessiert war, ließ sich so ein Gesamtkohlenstoffgehalt errechnen. Ausgeschlossen von der Betrachtung wurde das Methan, das ebenfalls in erheblichem Umfang durch die Förderung emittiert wird und ein sehr wirksames Treibhausgas ist. Schließlich rechnete man noch die vorherrschenden Windrichtungen ein und ermittelte die Stickoxidkonzentration, um ein Maß für Verbrennungsprozesse am Boden zu haben. Bei diesen werden nämlich ebenfalls flüchtige organische Kohlenstoffverbindungen freigesetzt. Diese sollten aus den Daten eliminiert werden, da das Ziel war, die Emissionen der Förderung zu bestimmen.
Höhere Emissionen als erwartet
Zum einen fanden die Forscherinnen und Forscher, dass es kaum Unterschiede in der Intensität der Emissionen zwischen Tagebauen und der Förderung aus tieferen Quellen gibt. Zum anderen konnten sie zeigen, dass erheblich mehr der oft giftigen Verbindungen freigesetzt werden als von der Industrie kommuniziert. Je nach Verbindungsart lag die ermittelte Gesamtmenge an Kohlenstoff um knapp 2000 bis 6000 Prozent höher als erwartet. Insgesamt verflüchtigt sich rund ein Prozent der Fördermenge in Form diverser gasförmiger organischer Kohlenstoffverbindungen. Die Emissionen der Teersandförderung sind etwa so groß wie die des restlichen Kanadas. Je nach untersuchter Anlage betrugen sie zwischen zwei und 40 Tonnen Kohlenstoff pro Stunde.
Allerdings sollten diese Gase nicht mit Kohlendioxid verwechselt werden, das in weitaus größeren Mengen emittiert wird – in ganz Kanada jährlich rund 550 Millionen Tonnen. Über den Teersanden Albertas werden hingegen nach den Ergebnissen der vorgestellten Studie etwa 1,6 Millionen Tonnen Kohlenstoff – Methan ausgeschlossen – emittiert. Würden die untersuchten Verbindungen in CO2 zerlegt, ergebe das eine Menge von etwa 5,9 Millionen Tonnen.
Die unmittelbare Bedeutung der organischen Kohlenstoffverbindungen liegt in ihrer Gesundheitsschädlichkeit. Außerdem können ihre Abbauprodukte die Ozonschicht angreifen und auch die Bildung von Aerosolen anregen, das heißt, von winzigen in der Luft schwebenden Tropfen und Festkörpern, die Pflanzen, Tiere und Menschen schädigen.
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