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Wachstumsprognose 2024: Keine Psychologen
Nach der revidierten Wachstumsprognose braucht es Lösungen
Dass Wirtschaft zu einem Gutteil Psychologie ist, lernt jeder BWL- oder VWL-Student im ersten Semester. Schlechte wie gute Stimmung schlägt auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen durch. Wenn jetzt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur gesenkten Wachstumsprognose der Regierung sagt, die Lage sei »dramatisch schlecht«, und Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Entwicklung als »peinlich und in sozialer Hinsicht gefährlich« bezeichnet, erweisen sie ihrem erklärten Ziel der Wachstumsstärkung einen Bärendienst. Natürlich sollen die beiden Minister nicht die Lage schönreden, aber alles schlechtzureden, um den jeweils anderen bloßzustellen, geht gar nicht. Nicht nur, weil sie den rechten Hassrednern recht geben, sondern auch, weil Habeck und Lindner so tun, als wären sie unbeteiligte Zuschauer. Ihre Ressorts bestimmen die Wirtschaftspolitik der Regierung und sind damit zuständig für Lösungen. Die Spitzenpolitiker müssten untereinander klären, wie die Ampel wichtige Investitionen stabil zu fördern gedenkt und dies dann auch klar kommunizieren. Oder anderen das Feld überlassen.
Zumal es um mehr geht: Das Bruttoinlandsprodukt verliert als Maßstab für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung an Bedeutung. Ob Deutschland durch etwas mehr Wachstum den von Japan zurückeroberten dritten Platz unter den größten Industrieländern verteidigen kann oder nicht, juckt wenig. Transformation und Innovation, gute Arbeit und Klimaschutz entscheiden über das Wohl und Wehe. Langer Atem ist dabei die beste Psychologie.
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