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Aufgabe des Bundestags: den Bürgerrat ernst nehmen
Bei der Übergabe des Gutachtens des Bürgerrats Ernährung an den Bundestag ging es ganz viel ums Erstnehmen – doch überzeugend war das nicht
Bei der Übergabe des Gutachtens des Bürgerrats Ernährung an den Bundestag ging es ganz viel ums Erstnehmen beziehungsweise darum, dieses Lippenbekenntnis abzugeben – dicht gefolgt von einem Aber in der einen oder anderen Form. Aber man sei eigentlich gegen Bürgerräte, gegen diese oder jene Empfehlung. Oder es werde mit der Umsetzung schwierig. Natürlich habe das alles nichts mit den engagierten Mitgliedern zu tun, für deren Einsatz man sich ganz herzlich bedanke. Was sollen Abgeordnete zu 160 potenziellen Wähler*innen auch anderes sagen? Lobhudelei allein bedeutet aber noch nicht, etwas ernst zu nehmen.
Die Teilnehmer*innen des Bürgerrats sind keine Kinder, das Gremium ist keine Projektwoche, deren Programm die Erwachsenen nicht überzeugt, und das Gutachten keine Schulpräsentation, zu der man »fein gemacht« sagt, es aber eigentlich ohnehin besser weiß. Die Teilnehmer*innen sind erwachsene Menschen, die sich nun so lange und so intensiv mit dem Thema Ernährung befasst haben, dass sie sich darin inzwischen vermutlich besser auskennen als so manche*r Politiker*in. Und sie stehen natürlich auch für das Instrument des Bürgerrats an sich, in das sie so viel Zeit investiert haben. Ernst nehmen hieße, das anzuerkennen.
Stattdessen wurde ihnen von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) wie von Philipp Amthor (CDU) der Rat erteilt, sich zukünftig doch auch in Parteien und Parlamenten zu engagieren, ganz nach dem Motto »wenn ihr mal groß seid«. Was letztlich nichts anderes heißt, als dass nur dort ernstzunehmende Politik gemacht werde und der Idee des Bürgerrats zuwider läuft.
Schließlich wirken die Statements mancher Parlamentarier*innen, als hätten sie die Ausgestaltung der empfohlenen Maßnahmen nicht einmal gelesen. Das hätte manche Kritik schon im Vorhinein in Luft aufgelöst. Oder, was noch schlimmer wäre: Sie haben den Text gelesen, aber er ist ihnen egal. Und sie sagen trotzdem einfach, was im Parteiprogramm steht, und machen weiter wie bisher.
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