Palästina-Frage zerreißt die Leipziger Linke

Palästina-Frage erschwert zunehmend gemeinsame Bündnisarbeit der Leipziger Linken

  • Yaro Allisat
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Leipziger Linke tut sich zurzeit in der Bündnisarbeit schwer. So werden auch zum feministischen Kampftag am 8. März zwei Demonstrationen stattfinden, weil sich vor allem palästinasolidarische rote Gruppen wie Young Struggle und Zora sowie andere Akteure, darunter Verdi, DGB und das soziokulturelle Zentrum Frauenkultur nicht einigen konnten, ob Palästina-Flaggen und Flaggen anderer »unterdrückter Völker« erlaubt sein sollten.

Mittlerweile kommt in Leipzig kaum noch ein linkes Bündnis ohne eine Positionierung zu Nahost und den roten Gruppen aus. Und das, obwohl deren Relevanz laut Einschätzung der Leipziger Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (Die Linke) trotz aktuellem Zulauf infrage zu stellen ist. Schuld an der innerlinken Zerrüttung wird – ganz öffentlich – den palästinasolidarischen Akteuren gegeben.

Dabei wurde Ende Oktober in einem Leipziger BIPoC-Hausprojekt ein Fenster eingeworfen, mit einem Container, in dem sich mutmaßlich Schweinefett befand. Der Angriff kam aus der antideutschen Szene, die den propalästinensischen Gruppen gegenübersteht. In einem Bekennerschreiben auf Indymedia hieß es als Grund, dass das Hausprojekt den laut Verfasser*innen antisemitischen Gruppen wie Zora, Young Struggle (YS), dem Kommunistischen Aufbau (KA) und der Föderation Klassenkämpferischer Organisationen (FKO) Räume zur Verfügung stelle. Infolge des Angriffs fürchtete das Hausprojekt durch die erhöhte Aufmerksamkeit staatliche Repressionen.

Vor wenigen Tagen wurde erneut ein linkes Hausprojekt mit antideutschen Tags und Bannern markiert, weil die migrantische Gruppe »Solicrew« dort ein Panel und eine Soliparty mit der propalästinensichen Gruppe Handala und dem Jüdisch-Israelischen Dissens (JID) veranstaltete. Man könne die Sicherheit der Veranstaltungsteilnehmer*innen unter diesen Umständen nicht garantieren, schrieb die »Solicrew«. Auch auf der großen Leipziger »Zusammen gegen Rechts«-Demonstration war Handala aus der Demo heraus angegriffen worden.

Auf Anfrage des »nd« heißt es aus der FKO zu den innerlinken Zwisten: »Nichts davon ist konstruktiv und das hilft tatsächlich nur unseren politischen Gegner*innen. An solch einer Schlammschlacht beteiligen wir uns nicht!« In Zeiten, in denen Sachsen ein repressives Versammlungsgesetz auf den Weg bringe und Zehntausende gegen den Krieg in Gaza und die AfD auf die Straße gingen, müsse man sich auf den Klassenkampf konzentrieren und nicht auf »innerlinke« Grabenkämpfe. Nicht zuletzt die Hausdurchsuchungen bei Zora Berlin hätten bewiesen, wie auch die »Hetze von ›links‹« den Boden für staatliche Repressionen geschaffen habe.

Juliane Nagel sieht die Schuld für scheiternde Bündnisse vor allem bei den roten Gruppen selbst: »Wenn es solchen Gruppen dann wichtiger ist, am Internationalen Frauentag Nationalfahnen zu schwenken, statt den gemeinsamen feministischen Kampf in den Vordergrund zu stellen, dann gibt es eben keinen Konsens und dann müssen sich Wege auch trennen.«

Neu sind diese Diskussionen nicht, aber sie spitzen sich seit der Hamas-Attacke auf Israel und dem Beginn des Gazakrieges am 7. Oktober immer weiter zu. Im vergangenen November war sogar eine Demonstration in Eisenach unter dem Motto »Ihr kriegt uns nicht klein – Rechte Strukturen zerschlagen« kurzfristig abgesagt worden, weil YS dazu aufgerufen hatte. In den sozialen Netzwerken lachten sich daraufhin vor allem die Rechten ins Fäustchen.

Auf die Frage, ob sich eine gesellschaftliche Linke diese Spaltung derzeit leisten könne, äußert Nagel Zweifel daran, dass die roten Gruppen überhaupt als links zu bezeichnen seien. Die »Trennlinie« zu denen, die »falsche Ziele« verfolgten, müsse man klar ziehen. Von der FKO heißt es indes, dass nicht die »linke Szene«, sondern alle Teile der Klasse der politische Haupbezugspunkt seien.

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