Zu Gast bei den »Glücksvögeln«

Eine inspirierende nd-Leserreise nach Mecklenburg-Vorpommern und zu den Schätzen des Nordens

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 4 Min.

»Die Kraniche fliegen im Keil / So trotzen sie besser den Winden. / So teilen sie besser die Kräfte weil / Die Starken bilden den vorderen Teil / Und die Schwachen fliegen hinten.« Diese von Kurt Demmler geschriebenen und von der Gruppe »Electra« vertonten Gedichtzeilen kommen mir stets in den Sinn, wenn ich im Herbst die majestätischen Vögel so in großen Verbänden fliegend am Himmel beobachte. Was für ein Spektakel! Was für faszinierende Tiere! Wussten Sie, dass ein Vogelmännchen rund sieben Kilo auf die Waage bringt und ein Weibchen fünf bis sechs? Dass die eleganten Vögel etwa 1,20 Meter groß werden und eine Flügelspannweite von 2,20 Meter haben? Und dass sie in freier Wildbahn etwa 20 Jahre alt werden können?

Das und noch so viel mehr über die Kraniche können Sie auf einer besonderen Leserreise erfahren, die unter Begleitung von Irmtraud Gutschke im Oktober an die Ostsee und den Bodden führt, wo alljährlich Zigtausende Kraniche eine Zwischenrast auf ihrem Zug in den Süden einlegen. Vier Tage lang erfahren Sie nicht nur viel Neues über die Tiere, sondern können sie auch an ihren Futterplätzen beobachten und darüber hinaus die Region mit all ihren Schätzen erkunden.

Los geht es in Rostock, der knapp 800 Jahre alten Hansestadt mit ihren typischen Backsteinfassaden, imposanten Kirchen und prächtigen Giebelhäusern, die vom Reichtum der Kaufleute im Mittelalter erzählen. Am Abend erwartet Sie Irmtraud Gutschke zu einer Lesung im Hotel, um gemeinsam in »Das Geheimnis der Kraniche« einzusteigen. Weil die Schönheit dieser Vögel und ihre spektakulären Balztänze die Menschen schon in früher Zeit faszinierten, »fliegen« sie auch immer wieder durch die Literatur: als Symbole des Glücks! Auch der Schriftsteller Tschingis Aitmatow hatte eine besondere Beziehung zu den Vögeln, die er in seiner autobiografischen Novelle »Frühe Kraniche« verarbeitete.

Der zweite Tag der Reise wird Sie den Glückstieren ganz nahe bringen, es geht in den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft, zu dessen Jahreshöhepunkten der herbstliche Zug der Kraniche gehört, die sich hier vor ihrem Abflug in ihre Winterquartiere die nötigen Energiereserven anfressen. Darüber erfahren Sie vieles im Kranich-Informationszentrum und können die Tiere von der Beobachtungsstation am Günzer See aus live erleben. Ein Ranger begleitet die Expedition und weiß eine Menge zu erzählen. Zum Beispiel, dass der Großvogel zwar dank umfangreicher nationaler und internationaler Schutzmaßnahmen nicht mehr als gefährdet gilt, dennoch unter besonderem Schutz steht. Und das nicht erst jetzt. Schon 1610 gab Johann Sigismund, Markgraf zu Brandenburg, offiziell bekannt, »… daß von dato an, einer, er sey auch wer er wolle, so einen Kranich scheußt, mit 40 Talern bestraft wird«. Auch wenn das mit einem Edikt vom 3. Oktober 1722 aufgehoben werden sollte, in dem verkündet wurde »dass jedem erlaubt seyn soll, Kraniche zu schießen«, standen die Tiere wohl bei den meisten Menschen immer unter einem besonders guten Stern: Wer wollte schon sein Glück gefährden?!

Vielleicht sehen Sie den Einflug der Tiere ja auch von dem Mississippi-Dampfer aus, den Sie am späten Nachmittag zu einer Bodden-Kreuzfahrt besteigen, die ganz im Zeichen des Kranichs steht.

Tag drei der Reise widmet sich zunächst einem anderen Glücksbringer: dem Gold des Nordens, dem Bernstein. Schauen Sie sich um in Europas schönster Bernsteinausstellung im Bernsteinmuseum Ribnitz-Damgarten. Anschließend besuchen Sie die Halbinseln Fischland und Darß mit ihren Hauptorten Ahrenshoop und Prerow. Wie es einst in den mecklenburgischen Dörfern aussah, erleben Sie im Freilichtmuseum Klockenhagen, wo historische Gebäude aus 18 Dörfern zusammengetragen wurden.

Unter dem Motto: »Von Müritzfisch(ern) zu Müritzadlern« steht auch der letzte Tag ganz im Zeichen der Schätze des Nordens. Sie besuchen Waren an der Müritz, haben Gelegenheit, das Müritzeum zu besuchen, das auf 2300 Quadratmetern umfassend über die Natur der Region und ihre Schätze erzählt, oder Sie genießen bei einem Bummel durch den Ort ein Fischbrötchen. Bevor es wieder Richtung Heimat geht, besuchen Sie noch die Nationalpark-Info-Station in Federow mit Adlerbeobachtung.

Vielleicht inspiriert Sie diese Reise ja auch, sich einmal an einer besonderen Fingerfertigkeit zu probieren, dem Falten von Origami-Kranichen. Denn im japanischen Volksglauben, wo der Vogel für Glück und Langlebigkeit steht, soll derjenige, der 1000 Origami-Kraniche faltet, von den Göttern einen Wunsch erfüllt bekommen. Dafür lohnt sich der Aufwand doch, oder?

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