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Bewährung in der Produktion

Nach reichlich Kritik im vergangenen Jahr wurde am Montag mit jeder Menge Zuversicht das Programm der neuen Ausgabe des Lausitz-Festivals vorgestellt

Das Lausitz-Festival – großes Ding in einer strukturschwachen Region?
Das Lausitz-Festival – großes Ding in einer strukturschwachen Region?

Festivalintendant Daniel Kühnel und die Geschäftsführerin Maria Schulz, der Ministerpräsident des Freistaats Sachsen Michael Kretschmer und der brandenburgische Lausitz-Beauftragte Klaus Freytag, sie alle, die sie auf dem Podium sitzen, sind sich einig: Das Lausitz-Festival wird mit und vor allem für die Menschen in der Region gemacht.

Nur Letzterer weiß anzumerken, dass »Hauptstädter und Sonstige« auch noch etwas lernen könnten, wenn sie zu den zahlreichen Versanstaltungsorten führen, zum Beispiel, wie Briketts gefertigt werden. Die Hauptstadtaudienz, die sich am Montag das diesjährige Programm vorstellen ließ, reagiert heiter. Und doch klingt es ein bisschen nach Bewährung der vorbeieilenden Kulturjournalisten in der Produktion, weitab von der in Berlin gewohnten Spätkauf-Infrastruktur. Wird schon werden, denkt man sich dennoch.

Für das Programm hat man sich ein übergeordnetes »Inspirationswort« überlegt. »Anderselbst« heißt es. Nein, das ist kein sorbischsprachiger geheimer Gruß. Ein Neologismus, der die Konfrontation eines jeden von uns mit dem anderen veranschaulichen soll. Ein bisschen verspielt, was schön ist, aber auch arg konstruiert, denkt man sich bei dem Inspirationswort. Und vielleicht ist das auch etwas, das man den Festivalmachern etwas zum Vorwurf machen kann.

Seit 2019 wird das Lausitz-Festival, durchaus großzügig bezuschusst, veranstaltet. Mit etwas Kritik ging das eine oder andere von Anfang an einher. Im letzten Jahr wurde der Protest aber etwas lauter: Das kulturelle Flaggschiffprojekt warte mit importierter Kunst auf. Ein künstlerischer Leiter wie Kühnel, in Hamburg lebend, könne von außen schlecht ein Angebot für die Lausitzer Bevölkerung kuratieren. Wie um diese Angriffe zu bestätigen, wurden Auslastungszahlen präsentiert, die eher einen mittelmäßigen Publikumszuspruch bezeugen.

Auf dem Podium scheint man darauf bedacht, die Arbeit des Intendanten mit keinem Wort infrage zu stellen, die Zusammenarbeit mit den Menschen in der Region wird fortwährend betont. Und auf eine Nachfrage, ob man nach der Kritik im letzten Jahr Änderungen vorgenommen habe, antwortet Kühnel, dass die Region von Anfang an fest im Programm verankert gewesen sei, man das aber nun noch klarer kommunizieren wolle.

Am Ende ist es so, dass sich nicht nur der Kulturjournalist aus der Hauptstadt in der Lausitz, sondern auch das diesjährige Festivalprogramm in der Region wird bewähren müssen. Auch in diesem Jahr wird die »Shakespeare-Reihe« – wie die Moderatorin Shelly Kupferberg es ausdrückte – fortgesetzt. Der junge Regisseur Marcel Kohler inszeniert »Othello« und erweitert den elisabethanischen Klassiker durch »Die Fremden«, jenem Stück Shakespeares, bei dem die Autorschaft erst vor wenigen Jahren geklärt werden konnte. Als Bühne dient Kohler die stillgelegte Glasfabrik Telux. Das verspricht durchaus spannend zu werden.

Am selben Ort soll sich auch – Wortlaut Kühnel: »kein Geringerer als der große« – Claus Peymann austoben, der im Kafka-Jahr mit einer Adaption eines »Berichts für eine Akademie« als Solospektakel aufwartet. Ob aber der berentete Protagonist der westdeutschen Theateravantgarde des letzten Jahrhunderts in der Lausitz so sehnlich erwartet wird? Das wäre tatsächlich ein Kennzeichen für den andauernd beschworenen Strukturwandel in der Region. Man wird sehen.

Das interdisziplinäre Lausitz-Festival findet in diesem Jahr vom 24. August bis 14. September an zahlreichen verschiedenen Orten der Region statt.
www.lausitz-festival.eu

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