Brennelementefabrik: Container ohne Aufschrift

Ausbau der Produktionsanlage im niedersächsischen Lingen könnte bereits begonnen haben

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Atomkraftgegner haben Hinweise darauf, dass der Ausbau der Brennelementefabrik in Lingen im Emsland bereits begonnen hat. Darauf deuteten Beobachtungen und Hinweise aus der örtlichen Bevölkerung hin, erklärten mehrere Initiativen am Donnerstag. Demnach könnten der Betreiber der Anlage und der dem Kreml unterstellte russische Staatskonzern Rosatom »bereits heimlich Fakten schaffen«.

Die Fabrik gehört dem Unternehmen Advanced Nuclear Fuels (ANF), einer Tochter des französischen Atomkonzerns Framatome. Es hat beim Land Niedersachsen die Erweiterung der Produktion beantragt und will künftig auch AKW russischer beziehungsweise sowjetischer Bauart beliefern. In der EU laufen 19 solcher Reaktoren vom Typ WWER. Bereits vor mehreren Monaten hatte Framatome eine Kooperation mit Rosatom mit Sitz in Lyon gegründet.

Nach Angaben der Anti-Atom-Initiativen stehen seit dem 12. April auf dem Gelände der Brennelementefabrik drei rote Container, die allem Anschein nach mit dem russischen Frachter Baltiyskiy-202 über Rotterdam aus Russland angeliefert worden seien. Im Gegensatz zu den regelmäßigen Uranlieferungen aus Russland seien diese Behälter nicht mit Gefahrgut-Tafeln gekennzeichnet und enthielten demnach kein radioaktives Material. Zu vermuten sei daher, dass darin Anlagenteile, Maschinen oder Komponenten von Rosatom für die Erweiterung der Produktionsanlage importiert wurden.

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Hinweisen von Anwohnern zufolge besuchten in jüngster Zeit regelmäßig Russisch sprechende und offenbar in einem Hotel in Lingen untergebrachte Personen die Fabrik. Dies deute darauf hin, dass ANF/Framatome unter Beteiligung von Rosatom-Mitarbeitern bereits mit vorbereitenden Arbeiten oder sogar dem Aufbau von Maschinen begonnen habe, ohne die atomrechtliche Genehmigung für die Erweiterung der Brennelementeproduktion abzuwarten.

»Wenn Framatome/ANF dem Kreml tatsächlich bereits Tür und Tor öffnet und Maschinen und Komponenten des russischen Staatskonzerns anliefern lässt, ist das eine Ungeheuerlichkeit«, sagt Julian Bothe von der Anti-Atom-Organisation ».ausgestrahlt«. Nicht nur mehr als 11 000 Personen, die Einwendungen eingereicht haben, sondern auch Landes- und Bundesregierung hätten massive Sicherheitsbedenken gegen den Einstieg von Rosatom in Lingen vorgetragen, unter anderem wegen der Gefahr von Spionage und Sabotage. Die Atomaufsicht müsse den Hinweisen umgehend nachgehen. »Sie muss sicherstellen, dass keine dem Kreml direkt oder indirekt unterstellte Personen Zutritt zur Fabrik bekommen«, betonte Bothe. »Bereits angelieferte Maschinen und Komponenten müssen konfisziert werden. Das Genehmigungsverfahren darf nicht zur Farce verkommen.«

Alexander Vent vom Lingener Bündnis AgiEl (Atomkraftgegner*innen im Emsland) fordert, die Bevölkerung müsse umgehend davon in Kenntnis gesetzt werden, sollten russische Behörden beziehungsweise deren Mitarbeiter schon in Lingen tätig sein. Beschäftigte von Framatome/ANF, deren Familien und ihr soziales Umfeld könnten in den Fokus des russischen Geheimdienstes geraten. Bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit müsse die Atomaufsicht dem Betreiber der Fabrik unverzüglich die Betriebserlaubnis entziehen.

Framatome ließ eine Bitte um Stellungnahme zu den Vorwürfen der Bürgerinitiativen bis Donnerstagmittag unbeantwortet. Gegenüber dem ZDF-Magazin »frontal« hatte das Unternehmen aber erklärt: »Während der Produktion von WWER-Brennelementen werden sich keine Russen am Stanmdort Lingen aufhalten.«

Wohl aber davor, wie Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) bestätigt. Framatome habe erklärt, mit russischen Mitarbeitern die Produktion zu starten. »Die sollen also die Geräte aufbauen in der Brennelementefabrik, sie sollen die anderen Mitarbeiter schulen«, so Meyer. Sein Ministerium muss demnächst über die beantragte Ausbaugenehmigung entscheiden.

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