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Bärchen und die Milchbubis: Wieder Zeit für Punkrock

Nach 44 Jahren legen die Bärchen und die Milchbubis mit »Die Rückkehr des Bumm!« ein neues Album vor

  • Luca Glenzer
  • Lesedauer: 3 Min.
Den eigenen Hit »Jung kaputt spart Altersheime« locker überlebt: Bärchen und die Milchbubis heute
Den eigenen Hit »Jung kaputt spart Altersheime« locker überlebt: Bärchen und die Milchbubis heute

In den vergangenen Jahren ist eine Renaissance NDW-beeinflusster Punk- und Wavemusik zu beobachten. Acts wie Erregung Öffentlicher Erregung, Levin Goes Lightly, Sorry3000 oder Karies bedienen sich ganz nonchalant an der Vorarbeit ihrer Vorbilder und lassen dabei die Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf mitunter irritierende Weise verschwimmen. Aus der Neuen Deutschen Welle ist damit die Neue Neue Deutsche Welle geworden.

Womöglich ist das zu beobachtende Revival auch ein Grund dafür, warum die kulturellen Ahnen von damals wieder Platten machen. Im letzten Jahr etwa veröffentlichte die Düsseldorfer Formation Östro430 mit »Punkrock nach Hausfrauenart« ihr erstes neues Album seit 40 Jahren. Auch Anette Benjamin – in den 80er Jahren Frontfrau der legendären Hans-A-Plast – ist mit ihrer neuen Band Die Benjamins wieder auf die Bühne zurückgekehrt, genauso wie Anja Huwe, in den 80er Jahren Sängerin von Xmal Deutschland, die jüngst mit »Codes« ein neues Lebenszeichen von sich gab.

Und auch Bärchen und die Milchbubis aus Hannover, die Anfang der 80er Jahre mit Songs wie »Ich will nicht älter werden« oder »Tiefseefisch« auf dem No-Fun-Label mehrere Szenehits landeten, sind mit ihrem neuen Album »Die Rückkehr des Bumm!« wieder auf der Bildfläche aufgetaucht. Auffällig ist, dass der Frauenanteil unter den Comebackbands überaus hoch ist. Bärchen-Frontfrau Anette Simons erklärte dahingehend kürzlich gegenüber dem »Kaput Mag«, dass sie und viele ihre Mitstreiterinnen von damals irgendwann Kinder bekommen hätten – »da war keine Zeit mehr für Punkrock«.

Plattenbau

Die CD der Woche. Weitere Texte unter dasnd.de/plattenbau

Doch nun sind die Kinder aus dem Haus, so dass wieder gepogt werden darf. Dass die Bärchen große Lust darauf haben, legt bereits der Opener »Bettwanzenalarm« nahe. »Haut ab ihr kleinen Scheißer/ Saugt bitte nicht Blut«, singt Simon darin zu schrammeligen Gitarren und polternden Drums und widersetzt sich damit entschieden der Vorstellung, dass man seinen Ton im Alter zu mäßigen habe. Im Gegenteil: In »Happy Bonbon« besingt sie die neuen Freiheiten im Alter: »Ich brauche keine Pille/ Keine Pille davor und keine danach/ Denn ich bin alt«, heißt es darin. Nun dürfe man rauchen, saufen und eben sogar Happy Bonbons konsumieren.

Überhaupt ist das Alter auffällig präsent auf dem Album. Geradezu rührend ist etwa der Abschlusstrack »Blondie«, die einzige Ballade des Albums, in dem eine demente Protagonistin besungen wird, die durch das Hören alter Punksongs kurzzeitig alte Erinnerungsfetzen längst vergangener Tage wiedererlangt. Das kann zugleich auch als selbstironische Referenz auf den alten Hit der Band »Jung kaputt spart Altersheime« aus dem Jahr 1980 interpretiert werden, in dem diese einst naiv und liebenswürdig die Selbstzerstörung als höchste Form des Hedonismus feierte.

Es ist das einzige schwermütige Lied auf der neuen Platte. In Songs wie »Kein Problem«, »Mansplainer« oder »Tantragott und Tinderhengst« dominiert stattdessen Simons’ schnoddrig-forscher Ton, den man bereits vor knapp 45 Jahren gekannt und geliebt hat. Das ist für sich genommen in den guten Momenten unterhaltsam, eingängig und höchst sympathisch – auf Albumlänge aber aufgrund fehlender Abwechslung mitunter leider auch ermüdend.

Bärchen und die Milchbubis: »Die Rückkehr des Bumm!« (Tapete/Indigo)

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