- Berlin
- Mietenwahnsinn
Heizkosten: Deutsche Wohnen knickt in Spandau ein
Wohnungsunternehmen gesteht unvollständige Heizkostenabrechnungen in Berlin-Spandau
Formfehler – in der offiziellen Kommunikation mit Vermietern oder Dienstleistern oft ein Alptraum. Will man seine Versicherung kündigen oder eine Beschwerde gegen Mieterhöhungen einlegen, muss dies allzu oft innerhalb einer bestimmten Frist und in einer vorgegebenen Form passieren. Dass das nicht selten zu Problemen führt, musste jetzt selbst die Deutsche Wohnen (DW) im Spandauer Stadtteil Staaken lernen. Sie hat die Heizkostenabrechnungen für 2022 zwar frist-, aber nicht formgerecht zugestellt. Am vergangenen Freitag hat DW den Fehler eingestanden. »Als Zwischenstand können wir Ihnen mitteilen, dass es zu Unregelmäßigkeiten beim Versand der Unterlagen gekommen ist«, so DW in einem Schreiben an den Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV).
Dem vorausgegangen war eine lange Auseinandersetzung: Mieter*innen aus einer Siedlung am Brunsbütteler Damm hatten Ende Dezember ein Anschreiben mit dem Abrechnungsergebnis für die Heizperiode 2022 bekommen, aber nicht die eigentliche Heizkostenabrechnung. 80 der insgesamt 502 Mietparteien ließen sich diesbezüglich vom Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV) beraten.
nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.
Nach dem Schuldeingeständnis der DW versammelten sich die betroffenen Mieter*innen am Montag. In einer eidesstattlichen Versicherung erklären 66 von ihnen, dass dem Schreiben vom Dezember die Einzelabrechnung nicht beigefügt gewesen sei. Die Konsequenz: Gestellte Nachforderungen müssen nicht bezahlt werden. Denn die Heizkostenabrechnung ist laut Gesetz »dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen.« Andernfalls entfallen Nachzahlungsansprüche. Marcel Eupen vom AMV berichtet »nd« von Nachforderungen in Höhe bis zu 2600 Euro.
»Bis zum Freitag hat Deutsche Wohnen vehement bestritten, dass ein Fehler passiert sein könnte«, sagt Eupen im Gespräch mit »nd«. In mehreren Schreiben an diverse Mieter betonte DW, dass es nicht zu so einem Fehler habe kommen können. Das mittlerweile zum Wohnungsriesen Vonovia gehörende Unternehmen bestand nicht nur auf der Zahlung der Forderungen, sondern beantragte in mindestens zwei Fällen sogar gerichtliche Mahnbescheide.
Die Wende brachte ein Treffen von Eupen mit dem Geschäftsführer von DW, Lars Urbansky, am 31. Mai. In diesem konnte Eupen anhand eines vorgelegten Bestätigungsschreibens des Versanddienstleisters des Unternehmens zeigen, dass anstatt elf Blatt Brief mit Heizkostenabrechnung nur neun Seiten versandt worden waren. »Ohne persönlichen Termin bei Deutsche Wohnen wäre das nichts geworden«, sagt Eupen.
Wie es jetzt weitergeht, ist nicht klar. DW fordert betroffene Mieter*innen auf, die erhaltenen Unterlagen zurückzuschicken, damit diese geprüft werden können. Das Unternehmen erklärt: »Sollten wir feststellen, dass die jeweilige Nebenkostenabrechnung nicht vollständig versandt wurde, werden wir eine etwaige Nachforderung aus der Abrechnung selbstverständlich nicht geltend machen.« Auf die Frage, ob DW auf eine Einzelfallprüfung besteht oder angesichts der Menge an Beschwerden für die Siedlung pauschal von Nachforderungen absehen wird, antwortete das Unternehmen bis Redaktionsschluss nicht.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.