Kein Randphänomen

Die Einsamkeit vieler darf man nicht ignorieren, meint Shoko Bethke

  • Shoko Bethke
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Bild der vermeintlich vor Lebensfreude strahlenden Jugend bröckelt. Denn die von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie »Jung und einsam« kommt zum bitteren Ergebnis: Bundesweit sind elf Prozent der jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren »sehr einsam«. Weitere 35 Prozent sind »moderat einsam«.

Sicher dürfte die dauerhafte Krisenlage, unter anderem die Klimakrise, Pandemie, multiple Kriege und Inflation, ihren Teil dazu beigetragen haben. Doch damit ist es nicht getan. Diverse Faktoren wie Erziehung, Armut oder Perspektivlosigkeit können zur sozialen Isolation führen. Wird nicht aktiv etwas dagegen unternommen, kann dies auch Depression zur Folge haben – mit gravierenden, teils unumkehrbaren Konsequenzen.

Die Bewohner*innen Berlins – zumindest jene im Bezirk Reinickendorf – können also nur hoffen, dass die neue Einsamkeitsbeauftragte Annabell Paris, die am 1. Februar ihren Job antrat, diesen auch ordentlich ausführt. Sie will Datenbanken aufbauen und mehrsprachige Angebote einführen. Paris’ Fokus liegt allerdings auf Reinickendorfs Senior*innen, weil Altersarmut Einsamkeit verstärkt. Und Reinickendorf hat viele alte Menschen.

Muckefuck: morgens, ungefiltert, links

nd.Muckefuck ist unser Newsletter für Berlin am Morgen. Wir gehen wach durch die Stadt, sind vor Ort bei Entscheidungen zu Stadtpolitik – aber immer auch bei den Menschen, die diese betreffen. Muckefuck ist eine Kaffeelänge Berlin – ungefiltert und links. Jetzt anmelden und immer wissen, worum gestritten werden muss.

Datenbanken lösen aber nicht die Ursache, und den Jungen ist damit definitiv nicht geholfen. Wenn Armut ein Einsamkeitsrisiko darstellt, muss dafür gesorgt werden, dass weniger Menschen arm sind. Wenn die Pandemie zu sozialer Isolation beigetragen hat, müssen Kompensationsveranstaltungen eingeführt werden. Und überhaupt braucht das gesamte psychische Gesundheitssystem dringend Aufstockung. Paris hat jede Menge Arbeit vor sich.

- Anzeige -

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -