Besetzte GKN-Fabrik: inspirierend und einschüchternd zugleich

Das dreijährige Bestehen der Fabrikbesetzung nahe Florenz zeigt eine beeindruckende kämpferische Attitüde

Aktivisten und Unterstützer feiern zusammen mit dem »Collettivo di fabbrica« des Automobilzulieferers GKN in Florenz drei Jahre Fabrikbesetzung.
Aktivisten und Unterstützer feiern zusammen mit dem »Collettivo di fabbrica« des Automobilzulieferers GKN in Florenz drei Jahre Fabrikbesetzung.

Seit nunmehr drei Jahren wehrt sich das »Collettivo di Fabbrica« aus Florenz erfolgreich gegen Massenentlassungen und hält das ehemalige Autozulieferwerk mit einer »dauerhaften Betriebsversammlung« besetzt. Damit ist es für viele in ganz Europa ein Vorbild – gerade in Zeiten, in denen die Rufe immer lauter werden, man müsse das Klassenbewusstsein stärken und den Klassenkampf erneut in den Vordergrund linker Politik rücken.

Es gibt viele Erklärungen dafür, dass die Fabrikbesetzung am Wochenende ihr dreijähriges Bestehen feiern konnte: Das Kollektiv genießt breiten Rückhalt in der Region, arbeitet intensiv mit sozialen Bewegungen zusammen und legt eine beeindruckende kämpferische Attitüde an den Tag.

Doch über andere Faktoren sollte mehr gesprochen werden, denn sie kommen in der Erfolgserzählung oft zu kurz: Es geht um das historische Bewusstsein und die Beständigkeit des Kollektivs. Dieses gründete sich nicht erst als Reaktion auf die Massenentlassungen 2021, auch nicht in den Vorjahren, als sich eine Zuspitzung der Lage abzeichnete. Ein genaues Datum zu benennen fällt schwer, die offizielle Facebook-Seite »Collettivo Di Fabbrica – Lavoratori Gkn Firenze« besteht aber schon seit 2015.

Wenn man den Arbeitern zuhört, dann erzählen sie von einer tiefen Verbundenheit mit vergangenen Kämpfen und Niederlagen: In den Räumlichkeiten hängt eine alte Fiat-Flagge, schließlich übernahm der Zulieferer GKN das Werk von dem Autohersteller. Und sie erzählen von dem Bedürfnis, sich unabhängig von bürokratischen Gewerkschaftsstrukturen zu organisieren, einfach, um über Probleme in der Fabrik reden zu können.

Diese Aspekte trugen zu einem Gemeinschaftsgefühl bei, das über die Tore der Fabrik hinauswuchs: Als das Kollektiv noch nicht um das eigene Überleben rang, unterstützte es die Kämpfe anderer Belegschaften in der Region.

Die Geschichte inspiriert – indem sie zeigt, wie viel Kraft aus einem Kampf gegen das Kapital wachsen kann. Einerseits. Sie kann auch einschüchtern. Denn sie offenbart, wie viel Ausdauer dafür erforderlich ist. Trotzdem sollte genau das motivieren, die ersten Schritte zu tun. Denn wer nicht vorangeht, dem wird nur das Nachsehen bleiben.

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