KI-gestützte Überwachung in Mönchengladbach

Am Hauptbahnhof soll eine Software »sicherheitsgefährdende Situationen« erkennen

  • David Bieber
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Pilotprojekt in Mönchengladbach soll Gewalt automatisch auf dem Radar haben.
Das Pilotprojekt in Mönchengladbach soll Gewalt automatisch auf dem Radar haben.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen erprobt trotz Bedenken von Datenschützern Überwachungstechnologien, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren. Im niederrheinischen Mönchengladbach soll dazu in einem Test mit einer Software der dortige Hauptbahnhof stärker überwacht werden. Die Anwendung soll automatisch vor gefährlichen Situationen warnen. Begleitet wird das Pilotprojekt »KIRaPol 5G« durch die Hochschule Niederrhein. Es wird vom Land NRW gefördert und ist eines von mehreren Projekten, das die Nutzung des Telefonstandards 5G für neue Anwendungen untersucht.

Konkret stehen dazu am Hauptbahnhof acht Radarsensoren – vier in der Bahnhofsvorhalle und vier am Vorplatz. Sie halten Bewegungen und Handlungen von Menschen mit »Farbspektren« und »Wellenlinien« fest. Die Aufgabe der KI ist es, aus den für die Tests anonymisierten Aufnahmen »sicherheitsgefährdende Situationen« zu erkennen. Hierzu zählen laut einem Bericht der »Westdeutschen Allgemeine Zeitung« Fluchtbewegungen, körperliche Auseinandersetzungen oder auch am Boden liegende Personen.

In Mönchengladbach sollen keine Bilder von Gesichtern erfasst werden. Entwarnung ist das trotzdem nicht für Datenschützer. Das liegt unter anderem daran, dass es ein neues EU-weites Gesetz die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum – etwa durch Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen – untersagt. Die Verordnung verbietet es KI-basierten Programmen außerdem, Menschen nach ethnischen oder phänotypischen Kriterien wie Hautfarbe oder nach ihren religiösen Ansichten in Gruppen einzuteilen.

Ähnliche Tests hatte die Deutsche Bahn mit der Bundespolizei bereits vor mehr als fünf Jahren in zwei Phasen am Berliner Bahnhof Südkreuz getestet. Neben Gesichtserkennung kam damals auch eine verhaltensbasierte Mustererkennung zum Einsatz. Seit Mitte Juli erprobt nun auch die hamburgische Polizei auf dem Hansaplatz im Stadtteil St. Georg diese biometrische Videoüberwachung – in Echtzeit, aber ohne Gesichtserkennung. Die dafür genutzte selbstlernende Software stammt von einem Fraunhofer-Institut in Karlsruhe und der Polizei in Mannheim.

Die Kameras auf dem Hansaplatz sollen »atypische Bewegungsabläufe« vorbeilaufender Personen erkennen. Bemerkt die Software das programmierte unerwünschte Verhalten, werden Beamte benachrichtigt. Deshalb gilt die bis Oktober erprobte Technik als »Assistenzsystem«.

Jedoch nutzt auch die Polizei in NRW andere Techniken zur Gesichtserkennung, um etwa in Ermittlungsverfahren Lichtbilder auszuwerten. Wenn diese Auswertung nicht in Echtzeit, sondern rückwirkend erfolgt, darf nach der EU-Verordnung auch KI-gestützte Software eingesetzt werden. Polizeibehörden und -gewerkschaften drängen aber darauf, die Anwendungen auch im Echtzeitbetrieb nutzen zu dürfen.

Zur »nachgelagerten Auswertung von Bild- und Videomaterial« benutzt die Polizei in NRW derzeit die Software Videmo360, berichtet Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) auf eine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion in Düsseldorf. Der Hersteller macht aber deutlich, dass seine »All-in-one-Lösung« sehr wohl auch die automatische Gesichtserkennung in Echtzeit ermöglichen könnte.

Auch für andere forensische Ermittlungen in technischen Geräten werden KI-gestützte Programme verwendet. Zur Sicherung und Auswertung von Mobiltelefonen werden dazu etwa Programme mit den Namen »Magnet Axiom« oder »Physical Analyzer« genutzt. Laut Innenminister Reul handele es sich dabei aber nur um »Schulungszwecke«.

Außerdem habe die sächsische Polizei eine erfolgreich genutzte »Observationstechnik zur Rasterfahndung mit Gesichtsbildern« auch NRW zur Verfügung gestellt. Darüber hatte zuerst das »nd« berichtet; im Mai erklärte sich dazu die sächsische Staatsregierung auf Anfrage der Linkspartei.

Die FDP in NRW wirbt nun beim polizeilichen Einsatz moderner Software für klare rechtliche Leitplanken, »um Missbrauch zu verhindern und das Vertrauen der Bevölkerung in den Einsatz von KI zu stärken«, heißt es auf Anfrage des »nd«. Ähnlich äußert sich die SPD.

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