Stabwechsel bei der GDL

Neuer Chef der Lokführergewerkschaft will an Erfolge seines Vorgängers anknüpfen

Mit teils mehrtägigen Streiks machte die GDL zuletzt von sich hören. Der neue Vorstand will den Kurs aus der »Ära Claus Weselsky« fortsetzen.
Mit teils mehrtägigen Streiks machte die GDL zuletzt von sich hören. Der neue Vorstand will den Kurs aus der »Ära Claus Weselsky« fortsetzen.

Die Übergabe ist vollzogen. Mit Mario Reiß an der Spitze will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nahtlos an die »Ära Claus Weselsky« anknüpfen. Man werde sich »nicht auf Erfolgen ausruhen, sondern unsere Ziele auch künftig konsequent und gewissenhaft umsetzen«, versprach Reiß nach seiner Wahl zum neuen Bundesvorsitzenden. Weselsky, der sich aus diesem Amt nach 16 Jahren aus Altersgründen zurückzieht, wurde von den Delegierten zum Ehrenvorsitzenden gewählt.

In der Tat hat die GDL in den vergangenen Jahren viel erreicht. So hat sich der Stundenlohn eines Streckenlokomotivführers seit 2008 nahezu verdoppelt. Mit der Tarifierung des gesamten Zugpersonals vor knapp zehn Jahren und aller Beschäftigten im operativen Bereich des Schienenverkehrs (also auch der Infrastruktur) im Jahr 2020 hat die GDL ihren Einflussbereich deutlich erweitert und neue Mitglieder gewonnen. Die nach monatelangen Verhandlungen und teils mehrtägigen Streiks erzielte Durchsetzung der stufenweisen Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich für Schichtarbeiter war das letzte große Gefecht des scheidenden Vorsitzenden.

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Weniger spektakulär, aber nicht weniger wichtig ist ein weiterer Erfolg der GDL in dieser Zeit. In zähen, sich teilweise über Jahre hinziehenden »Häuserkämpfen« errang die GDL bei fast allen privaten Schienenverkehrsunternehmen im Regional- und Schienengüterverkehr eine oftmals ebenfalls stufenweise Angleichung der Entlohnung und der Arbeitsbedingungen an das Niveau des Marktführers Deutsche Bahn. Dem Wettbewerb auf der Schiene durch Lohn- und Sozialdumping habe man damit ein- für allemal ein Ende gesetzt, bilanziert Weselsky diesen Aspekt der Tarifpolitik der GDL.

Doch trotz der erfolgreichen Tarifkämpfe ist die Macht der GDL im Bahn-Konzern begrenzt. Dort wird – vorrangig auf Betreiben der konkurrierenden, zum DGB gehörenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) – das seit 2014 geltende Tarifeinheitsgesetz angewendet. Das bedeutet, dass die GDL-Tarifverträge nur in jenen Bahnbetrieben Geltung haben, in denen die GDL die mitgliederstärkste Gewerkschaft ist. Lediglich in 19 der 71 Schienenverkehrsbetriebe des Konzerns gelten derzeit die GDL-Verträge. Zwar werden die Verfahren zur Feststellung der jeweiligen Mehrheiten von der GDL seit Jahren juristisch angefochten, doch bislang erfolglos.

Mit zwei recht vollmundig beworbenen Kampagnen wollte die GDL in dieser Frage in die Offensive kommen. Im November 2020 kündigte Weselsky an, die EVG aus den Betrieben des Eisenbahnsystems »zu verdrängen«. Zwar stiegen die Mitgliederzahlen, doch nicht in dem Ausmaß, das für eine unstrittige Mehrheit in den umkämpften Standorten gesorgt hätte.

Auch um einen weiteren GDL-Paukenschlag ist es mittlerweile ruhig geworden. Im Juni 2023 gründete die GDL die Genossenschaft Fair Train mit dem Ziel, »der Bahn AG die Lokführer zu entziehen.« Die Genossenschaft will als Leiharbeitsfirma Lokführer der GDL einstellen, dort tarifieren und zu diesen Bedingungen an die Bahn AG und andere Unternehmen verleihen. Doch die Bereitschaft von Lokführern, dafür ihren vergleichsweisen sicheren Arbeitsplatz bei der Deutschen Bahn aufzugeben, hält sich in sehr engen Grenzen. Genaue Zahlen sind nicht in Erfahrung zu bringen.

Während aufgrund relativ langer Tarifvertragslaufzeiten keine Streiks zu erwarten sind, stellt die desolate Lage des Bahn-Konzerns die GDL vor weitere Herausforderungen. Etwa durch die angekündigte »Restrukturierung« der hochdefizitären Gütersparte DB Cargo, die auch einen Stellenabbau beinhalten soll – trotz bestehender Beschäftigungssicherung.

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