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- Ezzes von Estis
Daffke
Aus Trotz, trotz alledem und alledem
Ich soll Euch erklären, was ist Daffke, aber Daffke ist, wenn ich es Euch gerade nicht erkläre, nämlich aus Daffke. Aber obwohl ich es Euch nicht erkläre, wollt Ihr es trotzdem wissen, und dafür kann es ebenfalls nur einen Grund geben: Daffke.
Daffke hat nichts mit Kafka zu tun, obwohl Kafka vielleicht einiges aus Daffke geschrieben hat – oder aber aus Daffke gerade nicht geschrieben oder aus Daffke zumindest nicht zu Ende geschrieben hat. Und dann wollte er aus noch mehr Daffke sogar alles vernichtet haben, aber sein Freund hat aus Daffke alles doch nicht vernichtet, sondern alles behalten, außer dass er einiges verändert hat, ebenfalls aus Daffke.
Insofern hat Kafka doch viel mit Daffke zu tun, oder zumindest längst nicht so wenig wie Daffke mit Kafka, nämlich gar nicht.
Alexander Estis, freischaffender Jude ohne festen Wohnsitz, schreibt in dieser Kolumne so viel Schmonzes, dass Ihnen die Pejes wachsen.
Oder Daffke hat doch mit Kafka zu tun. Sicher ist nur: »Doch« hat mit Daffke zu tun, weil man aus Daffke immer doch etwas tut, obwohl man es nicht aus Daffke auf keinen Fall tun sollte.
Nehmen wir an, du weißt, dass etwas nicht stimmt, aber sobald man es dir sagt, bist du daffke sicher, dass es doch stimmen muss, damit nicht stimmt, was andere sagen. Oder du willst, dass alles besser wird, und deshalb machst du daffke alles noch schlimmer. Oder du bist gegen die Regierung, weil sie deine Probleme nicht löst, also wählst du daffke jemanden, der deine Probleme noch weniger löst – am wenigsten die Probleme, die sie dir überhaupt erst macht, und erst recht die Probleme, die sie nicht dir macht, sondern allen anderen. Deshalb gibt es ganze Parteien von Daffkenisten.
Aber es gibt auch Daffkenisten ohne Partei. Bruder Arik zum Beispiel ist ein Daffkenist. Sagt man ihm: »Grab eine Grube!«, so macht er einen Hügel. Sagt man ihm: »Hol Milch!«, dann holt er Fleisch, oder sogar Schweinefleisch. Sagt man ihm: »Leg etwas Holz nach!«, dann nimmt er das letzte Scheit heraus, auch wenn er sich dabei die Finger verbrennt. Wenn man will, dass er schläft, dann wacht er, wenn man will, dass er kocht, dann isst er, wenn man will, dass er geht, dann steht er, wenn man will, dass er schweigt, dann spricht er, und wenn man will, dass er spricht, dann – schweigt er nicht, sondern streicht den Zaun grün. Warum schweigt er nicht? Aus Daffke. Bruder Arik ist ein so gewaltiger Daffkenist, dass er aus Daffke nicht einmal Arik heißt, sondern ganz anders, nämlich Kira, und also auch gar kein Bruder ist, sondern eine Schwester wäre, wenn er überhaupt zur Familie gehörte.
Jedenfalls dürftet Ihr jetzt wissen, was Daffke ist, auch wenn Ihr es vermutlich daffke nicht verstanden haben wollt, sondern wollt, dass ich es euch erkläre – doch ich erkläre es euch daffke nicht, also: ganz sicher gewiss jetzt nunmehr erst recht keinesfalls. Wenn Ihr hingegen nicht wollt, dass ich es Euch erkläre, dann erkläre ich es Euch ganz ohne Daffke einfach so nicht, allerdings auch nicht einfach anders, sondern kompliziert anders.
Zum Beispiel so: Daffke ist, wenn man dir sagt, du sollst nicht aus dem Haus gehen, weil du Selbstgebrannten getrunken hast. Aber gerade dann gehst du auf die Straße und fällst hin und reißt dir alle Knochen und brichst dir alle Sehnen und hast eine Lungenerschütterung und einen Gehirnhusten. Und dann sagt dir der Arzt, du sollst auf keinen Fall studieren, solang du nicht gesund geworden bist, aber du studierst wie ein Besessener den Talmud, obwohl du es vorher nie getan hast, oder nicht du studierst den Talmud, sondern der Talmud studiert dich, weil du eigentlich gar keine Kraft mehr hast, den Talmud zu studieren.
Und am Ende bist du fast tot, weil du erstens zu viel Selbstgebrannten getrunken hast, zweitens zu viele Arme gebrochen hast und drittens zu viel Talmud studiert hast. Du bist also dreifach fast tot, und deshalb sagt dir Gott, dass du jetzt sterben musst. Aber aus Daffke stirbst du nicht, sondern wirst ein Dibbuk.
Jetzt wollt ihr natürlich wissen, was ein Dibbuk ist. Aber ich erkläre es Euch nicht. Aus Daffke.
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