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Rotstift bei VW: Passspiel in den Tarifkämpfen
Wie die Verhandlungen in der Autoindustrie und bei VW ineinandergreifen
Als ob man sich abgesprochen hätte: Pünktlich zum Start der Lohnverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie kündigen die Volkswagen-Chefs den Wolfsburger Zukunftstarifvertrag. Die wirtschaftliche Lage sei alarmierend, begründet Konzernboss Oliver Blume, dass künftig auch Stellenabbau durch Kündigungen bei der Kernmarke VW ermöglicht werden soll. Wenn Europas größter Autobauer mit seiner starken Arbeitervertretung bisherige Sozialstandards infrage stellt, ist das natürlich eine Steilvorlage für den Unternehmerverband Gesamtmetall, der bei den jetzt begonnenen Verhandlungen über den künftigen Flächentarifvertrag für die Branche an eine Nullrunde denkt. Und Volkswagen verweist auf die schlechte Stimmung bei der Konkurrenz.
Krisengesänge stimmt die Kapitalseite am liebsten an, wenn gerade Verhandlungen mit den Gewerkschaften anstehen. Vergessen sind die guten Bilanzzahlen vieler Unternehmen, darunter VW, die zuletzt von Inflation und Preissteigerungen durchaus profitierten. Wenn man jetzt auf den schwächelnden Absatz verweist, fehlt es offenbar an Nachfrage. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die jüngsten Kaufkraftverluste der Beschäftigten. Werden diese nicht durch deutliche Lohnsteigerungen kompensiert, würde das eher eine Krise herbeiführen, als eine behauptete entschärfen. Und auch für die laufende Transformation der Autoindustrie, die Probleme bei einigen Zulieferern und den viel beklagten Fachkräftemangel sind es nicht Lohnrunden, die Lösungswege aufzeigen.
Offenbar fällt den Unternehmen kurzfristig nichts anderes ein, als die Rendite hochzuhalten. Und so spielen sich die Branchengrößen, um Kostensenkungen im anstehenden Arbeitskampf durchzudrücken, lieber die Bälle zu.
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