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Sepsis: Lebensbedrohlich und doch oft übersehen

Laut einer Studie werden Sepsis-Fälle von den Rettungsdiensten oft nicht erkannt

  • Mia Bucher
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei einer Sepsis muss im Krankenhaus schnell gehandelt werden.
Bei einer Sepsis muss im Krankenhaus schnell gehandelt werden.

Eine Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jedes Jahr sind 230 000 Menschen von einer Sepsis betroffen, mindestens 85 000 sterben daran, wie das Aktionsbündnis Patientensicherheit informiert. Sepsis wird auch oft Blutvergiftung genannt. Es wird davon ausgegangen, dass viele Fälle nicht erfasst werden und die tatsächliche Zahl der Erkrankten deutlich höher liegt.

»Die Sepsis ist eine lebensbedrohliche Abwehrreaktion des Körpers auf eine Infektion, die sich über den ganzen Körper ausbreitet«, erklärt Wolfgang Bauer, Notfallmediziner am Campus Benjamin Franklin der Berliner Charité. Auslöser kann laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung grundsätzlich jede Infektion sein, zum Beispiel eine Lungenentzündung, eine Harnwegsinfektion, eine Entzündung im Bauchraum oder eine entzündete Wunde. »Der Organismus ist nicht mehr in der Lage, die Infektion einzudämmen und es kommt zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems«, so der Arzt.

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Die Folge: »Das Immunsystem reagiert über und fängt an, sich selbst zu attackieren«, erklärt der Notfallmediziner. Dadurch würde nicht nur die Infektion bekämpft, sondern der eigene Körper. »Dies kann übergehen in einen septischen Schock mit Multiorganversagen und verläuft unerkannt oder unbehandelt häufig tödlich«, so Bauer. Eine Sepsis sei daher wie ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt ein medizinischer Notfall, der so schnell wie möglich behandelt werden müsse. »Je früher sie erkannt wird, desto besser kann sie behandelt werden«, sagt Bauer.

Häufig werden Sepsis-Fälle vom Rettungsdienst allerdings nicht erkannt. Das haben Bauer und die Gesundheitswissenschaftlerin Silke Piedmont in einer gemeinsamen Studie herausgefunden, die im Februar veröffentlicht wurde. Dafür haben sie rund 221 500 Rettungsdiensteinsätze in Krankenkassendaten und rund 110 420 Einsätze in sogenannten Rettungsdienstprotokollen des Jahres 2016 in Deutschland analysiert. Ziel der Untersuchung war es, herauszufinden, wie häufig eine Sepsis im Rettungsdienst tatsächlich festgestellt wird und welche Methoden sich dafür besonders eignen.

Die Ergebnisse sind besorgniserregend. »Die Sepsis wurde viel zu selten und im Falle des nichtärztlichen Rettungspersonals kein einziges Mal als Verdacht erfasst«, sagt der Notfallmediziner Bauer. Notärzte dokumentierten demnach nur in 0,1 Prozent der untersuchten Fälle einen Verdacht auf einen septischen Schock.

Zudem lag der Anteil der Patienten im Rettungsdienst, bei denen später eine Sepsis diagnostiziert wurde (1,6 Prozent), nur leicht unter dem von Herzinfarkten (2,6 Prozent) und Schlaganfällen (2,7 Prozent). Bei der Mortalität aber gab es deutliche Unterschiede. Demnach starben fast 32 Prozent von allen Sepsis-Patienten innerhalb von 30 Tagen nach der Nutzung des Rettungsdienstes, beim Herzinfarkt waren es 13 Prozent, beim Schlaganfall 12 Prozent.

Die Rettungsdienste sollten deutschlandweit eigentlich eine standardmäßige Anweisung haben, bestimmte Vitalparameter zu erfassen, erklärte Piedmont, Erstautorin der Studie. Dazu zählten Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffgehalt im Blut, Körpertemperatur und Atemfrequenz und eine Veränderung des Bewusstseins. »Diese Parameter können einen sehr guten Hinweis darauf geben, ob eine Sepsis vorliegt.« Oft werde nur nach Bauchgefühl entschieden. dpa/nd 

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