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Borrells letzter Mut
Cyrus Salimi-Asl über den Vorstoß des EU-Außenbeauftragten, den Dialog mit Israel einzufrieren
Josep Borrell, zuständig für die Außenbeziehungen der Europäischen Union, will auf den letzten Metern seiner Amtszeit noch was reißen. Sein Vorschlag an die Mitgliedstaaten: Der regelmäßige politische Dialog mit Israel soll ausgesetzt werden. Na endlich, könnte man rufen und Borrell noch zu seinem Vorschlag gratulieren, bevor er im Dezember sein Amt an die Estin Kaja Kallas abgibt. Wie wenig Drohpotenzial jedoch darin steckt, merkt man, wenn Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ihn prompt ablehnt.
Baerbock sagt, sie wolle »Gesprächskanäle offenhalten«. Bilateral hat sie diese bis zur Übersättigung genutzt: Elf Mal flog sie nach Israel, sprach mit israelischen Regierungsmitgliedern, zuletzt auch immer selbstbewusster und kritischer hinsichtlich der Kriegsführung, aber viel mehr als den Verweis auf völkerrechtliche Regeln, die es einzuhalten gelte, hat sie nicht herausgebracht.
Israel bombardiert fröhlich weiter, im Gazastreifen wie im Libanon, schafft mit der Vertreibung der Palästinenser vollendete Tatsachen, wie selbst Minister der israelischen Regierung offen eingestehen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lacht wahrscheinlich über Borrells Vorstoß. Ohne Sanktionen, die Israel wirklich schmerzen, wird es nicht gehen. Das Assoziierungsabkommen, das Israel Handelsvorteile für den Export auf den europäischen Markt verschafft, könnte ausgesetzt werden, wenn … Ja, wenn die Europäer in dieser Sache einig wären.
Blinde Kritik an der »machtlosen« EU geht an der Sache vorbei. Borrell hat schon mehrere Vorstöße unternommen, Israel unter Druck zu setzen, beißt sich aber die Zähne an einer EU aus, in der schon ein Mitgliedstaat Entscheidungen verhindern kann. Daher müssen die Verantwortlichen klar benannt werden.
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