Elon Musk: Troll-Angriff aus Amerika

Elon Musk hat sich auf die britische Regierung eingeschossen und scheut dabei auch keine Fake News

  • Peter Stäuber
  • Lesedauer: 4 Min.
Elon hat nach der Trump-Wahl Oberwasser und nutzt seine Plattform X für eine absurde Kampagne gegen Großbritannien.
Elon hat nach der Trump-Wahl Oberwasser und nutzt seine Plattform X für eine absurde Kampagne gegen Großbritannien.

Vor einem Jahr war noch alles in Ordnung zwischen Elon Musk und Großbritannien. Im November 2023 saß der Tech-Milliardär gut gelaunt neben Rishi Sunak auf einer Bühne im englischen Bletchley Park. Anlass war der erste internationale Sicherheitsgipfel zur Künstlichen Intelligenz, und Musk war auf die Insel gereist, um sich vom damaligen Premierminister ausfragen zu lassen. Es war ein Fest der Eintracht, man tauschte Komplimente aus und lachte zusammen.

Seither ist einiges passiert. Vor allem hat es einen Regierungswechsel gegeben in London. Seit Juli ist die Labour-Partei unter der Führung von Keir Starmer an der Macht – und dem reichsten Mann der Welt passt das gar nicht. Die Regierung in London zählt zu seinen Intimfeinden, immer wieder hat er sich in den vergangenen Monaten in grellen, oft grotesken Tönen über die britische Politik geäußert. Musk ist zum prominentesten Troll der britischen Regierung geworden.

Musk fordert Neuwahlen in Großbritannien

In seiner jüngsten Intervention Anfang der Woche teilte er auf seiner Plattform X einen Post mit einer Petition, die Neuwahlen fordert. »Die Briten haben genug von einem tyrannischen Polizeistaat«, informierte Musk seine 200 Millionen Follower. Bereits am Vortag hatte er eine Grafik geteilt, auf der die schwindenden Umfragewerte für Keir Starmer gezeigt werden. Musk kommentierte: »Die Stimme des Volkes ist ein großartiges Gegenmittel.«

Seine Kampagne gegen die Labour-Regierung begann nach der Messerattacke von Southport Ende Juli. Nachdem ein Angreifer drei Mädchen erstochen hatte, zirkulierten in den sozialen Medien Gerüchte über den Täter, der damals noch unbekannt war. Er sei ein »muslimischer Migrant«, behauptete ein rechtsextremer X-Account namens »Europe Invasion«. Schnell verbreitete sich die Falschmeldung. Als in den Tagen nach der Tat Bilder von gewalttätigen Krawallen die Runde machten, schaltete sich Musk ein. Eine rechte Kommentatorin behauptete, dies seien »die Konsequenzen von Massenmigration und offenen Grenzen«, woraufhin Musk antwortete: »Ein Bürgerkrieg ist unvermeidbar.« Keir Starmer ließ verlauten, dass es »keine Rechtfertigung« für diesen Kommentar gebe.

Rechte Verschwörungstheorien verbreitet

Aber Musk legte erst richtig los. Er machte sich lustig über die Verhaftung eines Mannes, der auf Facebook einen volksverhetzenden Kommentar geschrieben hatte: »Ist das Großbritannien oder die Sowjetunion?«, fragte er. Er verbreitete zudem die rechtsextreme Verschwörungstheorie, laut der linke Protestierende von der Polizei mit Samthandschuhen angefasst würden, während rechte Protestierende die volle Kraft des Gesetzes zu spüren bekämen – was offensichtlicher Unfug ist. Es handele sich um »sehr gefährliche Rhetorik«, sagte Neil Basu, ehemaliger Anti-Terror-Chef der britischen Polizei.

Die Krawalle vom Sommer seien ein Lehrstück, wie Desinformation Schaden anrichten kann, sagten Extremismus-Experten damals. Keir Starmer versprach nach den Unruhen, die Plattformen »breiter in den Blick zu nehmen«. Letzte Woche kündigte der parlamentarische Ausschuss für Wissenschaft und Technologie eine Untersuchung zu Desinformation und sozialen Medien an; auch Elon Musk werde eingeladen, seine Sichtweise darzulegen, schrieb die Vorsitzende des Ausschusses, Chi Onwurah. Aber es dauerte nicht lange, da schoss Musk zurück: Vielmehr werde er das Komitee in die Vereinigten Staaten vorladen, um die Abgeordneten wegen ihrer Zensur zur Rede zu stellen.

Redefreiheit gilt nur für Musk selbst

Als wolle er zeigen, dass er überhaupt nicht vorhat, seine Hetzerei einzustellen, ergriff Musk kurz danach Partei für den notorischen englischen Rechtsextremen Tommy Robinson. Dieser sitzt derzeit im Gefängnis, weil er rufschädigende Aussagen über einen syrischen Flüchtling wiederholt hatte, obwohl er dafür bereits zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. »Warum ist er für 18 Monate im Gefängnis?«, fragte Musk, als sei Robinson das Opfer eines Justizirrtums.

Dass die britische Regierung die sozialen Medien stärker an die Kandare nehmen will, dürfte Musks Anti-Labour-Obsession ein Stück weit erklären. Er nennt sich selbst einen »Absolutisten der Redefreiheit« – wenn er auch sehr dünnhäutig ist, wenn es um Kritik an X oder an sich selbst geht.

Musk auf ideologischer Mission

Aber laut dem Kommunikationswissenschaftler Andrew Chadwick von der britischen Loughborough University geht es um mehr: Musk sei auf einer »ideologischen Mission« und wolle rund um die Welt in die Politik intervenieren, sagte er gegenüber der Tageszeitung »i«.

Für die britische Regierung ist die Sache heikel. Angesichts der Tatsache, dass der unberechenbare Mogul bald einen wichtigen Posten in der US-Regierung besetzen könnte, will sie es sich mit ihm offensichtlich nicht verscherzen. Die Regierung »freut sich darauf, mit Präsident Trump und seinem gesamten Team zusammenzuarbeiten, auch mit Elon Musk«, hieß es diese Woche aus der Downing Street.

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