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Bitte um Bücher und Bibliotheken
Es braucht Räume für die kulturrelle Bildung
Der Marquis de Lafayette (1757–1834) kämpfte in der Französischen Revolution und im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Befreiend wäre es, im alten Einkaufszentrum Galeries Lafayette an der Friedrichstraße endlich einen geeigneten Ort für die Zentral- und Landesbibliothek zu finden.
Revolutionär klingt die Lösung, einen Konsumtempel für die Kultur zu erobern. Doch das Modell ist erprobt. In Hamburg und Bremen ist Vergleichbares zumindest als Zwischennutzung bereits gelungen. Es ist die alte Frage: Wem gehört die Stadt?
Selbstverständlich kosten Bibliotheken Geld, aber langfristig sparen sie auch Sozialausgaben. Dass arme Kinder viel zu oft heranwachsen zu armen Erwachsenen, die ihr Leben lang von Sozialleistungen abhängig sind, hat auch mit mangelhaften Bildungschancen zu tun und daraus resultierend mit fehlenden Berufsabschlüssen.
Experten wissen das. Ich bin kein solcher Experte, weiß es aber aus eigener Erfahrung. Schließlich wurde ich in einen Arbeiterhaushalt hineingeboren, in dem die Bücher meiner Eltern im Glasschrank an einer Hand abzuzählen waren. Eine Ausgabe von Daniel Defoes »Robinson Crusoe« war der einzige Roman im Haus. Ich lernte erst nur mäßig lesen und schreiben. Dass sich das änderte, verdanke ich einer Kinderbibliothek in meiner Heimatstadt, deren wahrscheinlich eifrigster Benutzer ich wurde. Die so entwickelte Freude am Lesen verbesserte meine Schulnoten und ermöglichte mir ein Studium. Kein Einkaufsparadies hätte mich dahin gebracht.
Mit Blick auf andere Arbeiterkinder bitte ich um Räume für Bibliotheken – und wenn Räume dafür nicht gegeben werden, so muss man sie nehmen.
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