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Borussia Dortmund: Schock und Wut nach 2:3 gegen den FC Barcelona
Dem BVB fehlt weiterhin die Balance zwischen Enthusiasmus und Seriosität
Vielen Dortmundern saß am späten Mittwochabend erst mal das Bild von Nico Schlotterbecks rechtem Fuß in den Knochen, das bereits wenige Minuten nach dem Abpfiff in den sozialen Medien aufploppte. Der Verteidiger war in der letzten Aktion des Spiels bei seinem vergeblichen Versuch, die 2:3-Niederlage des BVB gegen den FC Barcelona abzuwenden, umgeknickt. Die Gelbe Wand schwieg betroffen, Menschen mit empfindlichem Gemüt konnten den Blick auf das verformte Gelenk kaum ertragen, der Verteidiger droht wochenlang auszufallen.
Der Trainer kocht
Das aber war nicht der Hauptgrund dafür, dass Trainer Nuri Sahin keine Lust hatte, sich mit den erfreulichen Aspekten dieses Champions-League-Abends zu befassen. Das Publikum hatte nicht nur ein mitreißendes Duell zweier stark spielender Mannschaften geboten bekommen, sondern auch den ganzen schwarz-gelben Stadionzauber, für den Borussia Dortmund weltweit bewundert wird. Sahin jedoch zürnte: »Es kocht in mir.« Der Trainer war schon einverstanden mit der Gesamtleistung seiner Mannschaft, aber er wollte seinen Finger in die Wunde legen, statt nach den in solchen Fällen gerne hervorgekramten Wohlfühlfloskeln zu greifen: »Wenn wir zu Gewinnern werden wollen, müssen wir diese Spiele gewinnen. Ich will nicht hören, dass wir ein gutes Spiel gemacht haben«, sagte der 36-jährige Chefcoach.
Starke Leistungen reichen Sahin nicht. Und wer am Abend zuvor die weniger unterhaltsame, dafür aber beinahe fehlerfreie Partie zwischen Bayer Leverkusen und Inter Mailand gesehen hatte, wusste genau, was er meinte. Es gibt einfach Teams, die jenseits aller Hingabe und unabhängig von individueller Klasse reifer, klüger und disziplinierter spielen als diese Dortmunder. Seit Jahren und auch an diesem Abend.
Die Spieler machen Fehler
Der BVB hatte abermals selbstbewusst agiert und sich auf gutem fußballerischen Niveau aus dem Druck der schwierigen ersten Halbzeit befreit. Serhou Guirassy traf zweimal zum Ausgleich – und die dubiose Kraft, die eher ein Gefühl ist und gern mit dem Begriff »Momentum« beschrieben wird, deutete danach eher auf einen Dortmunder Siegtreffer hin. Wären da nicht die immer selben Fehler, die schließlich auch diese Partie entschieden haben.
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Vor dem 0:1 durch Raphinha kurz nach Wiederanpfiff war der zumeist starke Mittelfeldspieler Felix Nmecha nicht konsequent genug in einem Zweikampf. Das zweite Gegentor durch Ferran Torres wurde nach 75 Minuten möglich, weil Jamie Gittens auf dem Flügel zu sorglos agierte und Jules Koundé ungestört flanken ließ. Besonders ärgerlich war die Nachlässigkeit von Gittens vier Minuten vor Spielende, als er vor dem Siegtreffer von Torres einfach nicht zu einem Ball ging, den ihm Pascal Groß, wenn auch etwas zu ungenau, zugespielt hatte. »Das geht einfach nicht«, tobte Sahin. »Das macht mich traurig.«
Der Kapitän fehlt
Es wird interessant, ob der junge Trainer dieses beim BVB altbekannte Problem besser in den Griff bekommt als seine Vorgänger. Sahins offensiver Umgang damit ist jedenfalls neu. In der Vergangenheit haben die Verantwortlichen immer wieder darauf hingewiesen, dass das Team nach einem Umbruch und die vielen jungen Spieler nun einmal Fehler machen. Diese Erklärung, die schnell auch zur Ausrede werden kann, will Sahin nicht mehr so einfach hinnehmen. Auch deshalb ist es so bitter, dass Schlotterbeck sich verletzt hat. Denn der Innenverteidiger ist auf genau dem Entwicklungsfeld vorangekommen, auf dem die Dortmunder immer wieder Rückschläge erleiden: die Balance zwischen Enthusiasmus und Seriosität. Es ist kein Zufall, dass Schlotterbeck zuletzt ein Kapitän war, der überzeugender voranging als Emre Can.
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