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Auf dem Schleudersitz
Ralf Klingsieck zur Ernennung des neuen französischen Premiers
Bei der Amtsübergabe im Hof des Pariser Matignon-Palais wünschte der scheidende Premierminister Michel Barnier, der sich nur drei Monate im Amt halten konnte, bevor er gestürzt wurde, seinem Nachfolger mehr Erfolg. François Bayrou wird solche guten Wünsche gebrauchen können, denn der Amtssessel des Regierungschefs in Paris gleicht zurzeit einem Schleudersitz.
Dabei sind die Voraussetzungen für Bayrou nicht besser als für Barnier. Die betont kämpferische linke Bewegung La France insoumise droht allen Regierungen sofort und das rechtsextreme Rassemblement National nach einer kurzen Schonfrist mit einem Misstrauensantrag und dem Sturz, was umso mehr Aussichten auf Erfolg hat, als beide Formationen einander dabei unterstützen. Dass Präsident Macron und das Regierungslager über keine Mehrheit im Parlament verfügen, macht sie extrem schwach und angreifbar. Das Präsidialsystem der Fünften Republik, das sich General de Gaulle 1958 auf den Leib schreiben ließ und mit dem auch François Mitterrand ganz zufrieden war, beruht darauf, dass die Wähler dem direkt gewählten Präsidenten bei den Parlamentswahlen auch noch die zum Regieren nötige Mehrheit verschaffen. Ist das nicht der Fall, wie 2022 und 2024, gerät alles aus dem Gleis.
Von Kompromissen, wechselnden Mehrheiten und bunten Koalitionen wollte man in Frankreich bisher nichts wissen. Das könnte sich jetzt ändern. Vielleicht hört man nun auch auf diejenigen, die seit Jahren den Übergang zu einer neuen, demokratischeren Sechsten Republik fordern.
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