Taleb A.: Mitte-radikalisiert

Raul Zelik über die Überzeugungen des Attentäters von Magdeburg

Zahlreiche Passanten stehen an der Straße bei der Lichterfahrt der Geraer Feuerwehr und weiteren Hilfsorganisationen zum Gedenken an die Opfer von Magdeburg.
Zahlreiche Passanten stehen an der Straße bei der Lichterfahrt der Geraer Feuerwehr und weiteren Hilfsorganisationen zum Gedenken an die Opfer von Magdeburg.

Nach Magdeburg diskutiert Deutschland wieder einmal über »lasche Sicherheitsgesetze« und »die Radikalisierung im Netz«. Besonders absurd ist das dieses Mal, da der mutmaßliche Attentäter Taleb A. jeder vorgeschlagenen Gesetzesverschärfung vermutlich sofort zustimmen würde.

Schaut man sich auf dem X-Account um, der Taleb A. zugeordnet wird, dann hat man den Eindruck, der Mediziner habe mit allen Mitteln zu vermeiden versucht, jener Araber zu sein, für den die Deutschen ihn hielten. Seine auf Englisch und Arabisch verfassten Tweets sind inhaltlich oft nicht weit von den Beiträgen entfernt, mit denen uns Ulf Poschardt, Chefredakteur von Springers Propagandakanal WeltN24, oder der Grüne Volker Beck täglich bei X beglücken.

Taleb A. amüsierte sich über den Tod der Hisbollah-Führer im Libanon, feierte den Bedeutungsverlust des Iran in Syrien und applaudierte, wenn zionistische Rechte die Expansion Israels bis an den Euphrat propagierten. Keine vier Wochen ist es zudem her, dass er einen »Spiegel«-Titel von 2007 teilte, in dem Deutschlands Investigativmagazin die »stille Islamisierung« unserer Gesellschaft beklagte und besorgt nachhakte: »Haben wir schon die Scharia?«

So betrachtet, ist klar, über wen gesprochen werden muss, wenn Taleb A.s »Radikalisierung im Netz« verstanden werden soll: In seiner Islamkritik hat sich der Attentäter von Magdeburg an den Leitmedien der deutschen Mehrheitsgesellschaft orientiert. Was seinen Hass auf Angela Merkel anging, stand er nah bei der AfD.

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