Partei der Stammtische

Peter Steiniger zur Aufregung über die publik gewordenen Hetzreden von FPÖ-Politikern

In Wien wurde gegen eine Regierung mit dem FPÖ-Politiker Herbert Kickl als Kanzler demonstriert.
In Wien wurde gegen eine Regierung mit dem FPÖ-Politiker Herbert Kickl als Kanzler demonstriert.

Mit der versteckten Kamera haben drei Reporter des Senders France Télévisions in einem Wiener Wirtshaus einen vermeintlichen Scoop gelandet. Bei der FPÖ-Veranstaltung im Hinterzimmer lassen die Nationalratsabgeordneten Harald Stefan und Markus Tschank die Sau raus. Die Blauen – Wer hätte das gedacht? – outen sich als Verächter der Menschenrechte, die in Migranten nichts weiter als Schmarotzer sehen, die es vor die Tür zu setzen gilt. Von internationalen Verträgen will man sich dabei nicht aufhalten lassen.

Lobende Worte finden die FPÖ-Funktionäre für das mittelalterliche Taliban-Regime in Afghanistan, das schließlich wisse, wie man durchgreift und dem Österreich Geld zahlen sollte, damit es das »Gesindel« zurücknimmt. Dafür kriegt das Bürokratiemonster EU sein Fett weg. Auch über die »machtgeile« ÖVP äußern sich Stefan und Tschank verächtlich. Die gehöre »eigentlich mit einem Regierungsverbot ausgestattet« – was ja nicht ganz falsch ist. Dumm ist nur: Der Skandal um die Stammtischreden der FPÖ-Politiker platzt mitten in die laufenden Koalitionsgespräche mit den Konservativen über eine blau-schwarze Regierung.

Eine Blamage ist das Wirtshaus-Gate allein für die mit Hohn überschüttete ÖVP, die sich den Rechtsextremen immer mehr angebiedert hat. Von den Freiheitlichen prallt moralische Entrüstung einfach ab. Blau ist ja gerade deshalb die Lieblingsfarbe der Stammtische, weil die Partei von Herbert Kickl braune Parolen schwingt. Und wo neoliberale Politik soziale Verunsicherung schafft, lassen sich Ressentiments leichter schüren. Dazu passt Blau-schwarz.

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