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Wieder ein TV-Duell: Bei Kanzlers und Nichtkanzlers

Mit dem »nd« durch die TV-Duelle (4 und Schluss)

Wer hat an den vier Prozent gedreht? Christian Lindner schaut vor der Sendung auf die Uhr und nicht auf die interessanten optischen Effekte auf seiner Hose.
Wer hat an den vier Prozent gedreht? Christian Lindner schaut vor der Sendung auf die Uhr und nicht auf die interessanten optischen Effekte auf seiner Hose.

Am Donnerstagabend luden ARD/ZDF zur »Schlussrunde«, auch wenn es erst die vorletzte Sendung im inflationären TV-Duellismus war. Wegen »dringender Wahlkampftermine« hatten Olaf Scholz und Friedrich Merz abgesagt und die Generalsekretäre ihrer Parteien als Vertreter geschickt. Ohne die behäbigen beiden und ihrem einschläfernden Staatsmann-Getue wurde es unter den acht Vertreter*innen der Bundestagsparteien etwas munterer. Öfters redeten alle so durcheinander, dass Markus Preiß und Diana Zimmermann die Moderation entglitt und Preiß den Politiker*innen einmal mitteilen musste: »Ich informier’ Sie ganz kurz, dass niemand versteht, was Sie gerade sagen«.

Aber auch wenn sie besser zu hören waren, blieb vieles dunkel. Insbesondere die Ausführungen von Alexander Dobrindt (CSU), Alice Weidel (AfD), Carsten Linnemann (CDU) und Matthias Miersch (SPD) zu wirtschaftlichen Fragen waren unverständlich. Gegen die »Einwanderung in die Sozialsysteme« (Weidel) zu sein, war Konsens. Einzig Jan van Aken (Linke) forderte ruhig und nachvollziehbar, dass die Menschen mit mehr Geld auch höher besteuert werden müssten. Für Christian Lindner (FDP) wäre das »eine drastische Mehrbelastung für Leute, die sich angestrengt haben« – wie für Dagobert Duck, seinen Geldspeicher zu verteidigen.

Die etwas angestrengt wirkende Sahra Wagenknecht (BSW) konnte sehr gut erklären, warum das Zwei-Klassen-System der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung für die meisten Menschen eine Zumutung ist. Da mussten auch der müde Miersch und die aufgeregte Annalena Baerbock (Grüne) nicken. Letztere kämpft nicht nur gegen Russland, sondern auch für bessere Bildung für alle, schon gewusst?

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Für Lindner sind auch die USA unter Präsident Trump »ein schwierig gewordener Freund, aber immer noch ein Freund«. Der selbstgewisse militärische Moralismus des »Westens« hat auch bei den anderen Parteien der Aufrüstung (zu denen nur BSW und Linke nicht gehören) einen Knacks bekommen. Nur Weidel jubilierte, Trumps Verhandlungen mit Putin über die Ukraine seien das, was die AfD seit drei Jahren gefordert habe. Van Aken erklärte nüchtern, dass auch eine Nato ohne die USA immer noch ein Drittel mehr Geld für Rüstung ausgeben würde als Russland. Der Linkspartei-Kandidat wirkte nicht mehr so breitbeinig wie im ersten TV-Duell, sondern verschmitzter, einfach auf seine Argumente vertrauend.

Der fahrige Linnemann presste seine Worte fast heraus, sodass Weidel ihn fragte: »Können Sie auch normal mit mir reden?«. Latent arrogant tat sie so, als gehöre sie zu dieser Runde nicht dazu, während Baerbock öfters reinkiekste, um ihren Platz darin zu verteidigen – vor allem gegen Dobrindt, der sie derart herablassend-aggressiv behandelte, wie man es einst von den Konservativen in den 80er Jahren gewohnt war. Die Grünen scheinen konstant der Hauptfeind der CSU zu sein.

Doch Lindner behauptete, nur eine FDP im Bundestag könne »Schwarz-Grün« verhindern. Schafft die das überhaupt? Zimmermann informierte, die FDP liege bei 4,5 Prozent. »Aber plus!« behauptete der Mann, mit dem seine Partei vielleicht untergehen wird.

Typologie: Lindner ist ein Besserwisser und »intellektueller Selbstversorger« (Peter Sloterdijk). Wagenknecht will weiter mitspielen, egal wie. Baerbock gibt immer alles, bloß was? Van Aken ist zupackender Spontilinker, Miersch verträumter Streber. Linnemann wirkt wie aus der »Big Bang Theory« entsprungen, Dobrindt wäre gern ein Franz-Josef-Strauß-Nachbau und Weidel guckt, als könnte sie durch die Menschen durchschauen. Alle gaben an, sie fühlten sich im Wahlkampf unfair behandelt, nur Baerbock enthielt sich. Wobei unklar war, ob sie die Frage verstanden hatte.

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