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  • Kritik an 551 Unionsfragen

Engagierte Bürgerschaft »kein Störfaktor«

Zwei offene Briefe kritisieren CDU und CSU für eine suggestive Anfrage im Bundestag

Die »Brandmauer-Proteste« richteten sich besonders gegen Friedrich Merz, seine Unionsfraktion wollte sich dafür mit einer extra langen Anfrage rächen. Das sorgt für Kritik.
Die »Brandmauer-Proteste« richteten sich besonders gegen Friedrich Merz, seine Unionsfraktion wollte sich dafür mit einer extra langen Anfrage rächen. Das sorgt für Kritik.

In einem am Dienstag im Internet veröffentlichten Offenen Brief haben über 1700 Wissenschaftler*innen die CDU/CSU-Fraktion für ihre Kleine Anfrage zur politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen scharf kritisiert. Die Initiative sei ein gefährlicher Versuch, zivilgesellschaftliche Organisationen einzuschüchtern und ihre demokratische Arbeit zu diskreditieren.

Die erst am Tag nach der Bundestagswahl bekannt gewordene parlamentarische Initiative stellt 551 Fragen zur finanziellen Förderung von 18 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Unter ihnen sind Omas gegen Rechts, die Kampagnenorganisation Campact, die Amadeu-Antonio-Stiftung, die Naturschutzorganisationen BUND und Greenpeace sowie das Investigativhaus »Correctiv«. Sie hatten sich an Protesten gegen die Abstimmung eines migrationsfeindlichen Antrags mit Stimmen von Union, FDP und BSW mit der AfD beteiligt. Die Unionsfraktion will nun wissen, ob die NGOs öffentlich gefördert werden. Suggeriert wird, dass sie mit den Mitteln die politische Willensbildung unzulässig beeinflussen.

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Tatsächlich leisteten die Organisationen aber wichtige Arbeit für Demokratie, Menschenrechte und gesellschaftlichen Zusammenhalt, schreiben die Wissenschaftler*innen. Auch mit dieser staatlicher Förderung dürften sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung behalten. So habe es das Bundesverfassungsgericht wiederholt betont. Statt Druck auf die NGOs auszuüben, solle sich die Union für ein Demokratiefördergesetz einsetzen, das politische Bildung und zivilgesellschaftliches Engagement nachhaltig unterstützt.

Ebenfalls am Dienstag haben mehr als 200 Organisationen und Einzelpersonen mit einem Offenen Brief auf die umstrittene Unionsanfrage reagiert. Sie betonen, dass öffentlich geäußerte Kritik an der Regierung die Demokratie stärke und nicht schwäche. Die Vertreter*innen aus Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaft, Kultur und zivilgesellschaftlichen Initiativen beobachten zunehmende Angriffe auf zivilgesellschaftliches Engagement. In ihrem Brief warnen sie vor einer Polarisierung der Gesellschaft und erklären, eine engagierte Bürgerschaft sei »kein Störfaktor«.

Wegen ihrer außergewöhnlichen Länge wird die Kleine Anfrage vermutlich nicht vor Bildung der neuen Regierung beantwortet. Die muss sich damit auch nicht befassen: Nach dem Diskontinuitätsprinzip müssen nicht abgeschlossene parlamentarische Initiativen neu eingereicht werden, um weiter verfolgt zu werden.

Wegen ihrer außergewöhnlichen Länge wird die Kleine Anfrage vermutlich nicht vor Bildung der neuen Regierung beantwortet.

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