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Mieter bei Vonovia akzeptieren »Spionage«-Funktionen nicht
Im Ruhrgebiet stemmen sich Mieter*innen gegen den Einbau digitaler Brandmelder des Wohnkonzerns Vonovia
Weil sie glauben, dass der neuartige Rauchwarnmelder vom Wohnungsunternehmen Vonovia »Spionage«-Funktionen hat, scheinen immer mehr Kundinnen und Kunden des Bochumer Dax-Konzerns den Einbau dieser neuen Geräte zu verweigern. Wie die Funke Mediengruppe berichtet, sollen Mieterinnen und Mieter im Ruhrgebiet jetzt schon »rote Hände an ihre Wohnungstüren kleben« und nicht öffnen, wenn Handwerker klingeln.
Bei herkömmlichen Rauchmeldern ist die Rechtslage in derartigen Fällen eindeutig. Über eine Klage kann ein Vermieter den Einbau erzwingen. Das hat der Bundesgerichtshof bereits geklärt. Seit 2014 ist die Installation von Rauchmeldern in Wohnungen daher gesetzliche Pflicht. Bei den neuen digitalen Geräten ist der Fall allerdings ein heiklerer – denn hier geht es um zusätzliche Kosten und Datenschutz.
Kosten-Nutzen-Frage
Protest gegen den sogenannten »Multisensor Plus« regte sich, übrigens nicht nur im Ruhrgebiet, sondern in anderen Orten in Deutschland, wegen der Kostenübernahme. Denn die neuen digitalen Rauchmelder sollen nicht als Instandsetzung, sondern als Modernisierung gewertet werden. So kann Vonovia die Kosten der Geräte auf Mieter und Mieterinnen umlagern und die Mietkosten steigen um einige Euro. Vonovia beziffert die Mehrkosten laut Medienberichten auf nur drei Euro pro Monat. Initiativen gehen dagegen von mehr als 60 Euro im Jahr aus.
»Mieter sehen nicht ein, warum ein Rauchmelder mehr können muss als den Rauch melden und sie dafür auch noch zahlen sollen«, sagt Karlheinz Paskuda, »kritischer Vonovia-Aktionär« und Mietexperte aus Göttingen zu »nd«. Die neuen Melder können ferner laut Paskuda »wohl feststellen, wie oft und lange gelüftet wurde«.
Darüber hinaus kann der vom Energiedienstleister Techem angebotene Warnmelder laut Medienberichten auch Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Kohlenmonoxid messen, wenn diese Zusatzfunktionen eingeschaltet sind. Mieterschützern ist das zu viel. Sie warnen vor »Überwachung«. Denn sollte ein Rauchmelder, ob modern oder nicht, nicht einzig den Rauch zuverlässig melden? »Ja, und damit gehört er zur Grundausstattung der Wohnung und ist keine kostenpflichtige Modernisierung«, sagt Paskuda gegenüber »nd«.
Vonovia betont, dass diese »Komfortfunktionen« nur dann aktiviert werden, wenn Mieterinnen und Mieter das ausdrücklich wünschen. Und: Es gebe nur einige wenige Fälle, in denen Vonovia überhaupt andere Modelle verbaut, heißt es von Vonovia selbst. »Der Multisensor Plus von Techem ist unser neuer Standard«, sagt Matthias Wulff, Sprecher des Unternehmens, gegenüber »nd«.
Konkurrenz nutzt einfache Geräte
Auf »nd«-Anfragen zu den jüngsten Protesten der Mieter und Mieterinnen geht der Sprecher dagegen nicht ein. Große Konzerne wie LEG oder Vivawest setzen nach eigenen Angaben weiter auf einfache Rauchwarnmelder.
Werden mit den neuen Rauchmeldern tatsächlich Datenschutzrichtlinien verletzt, kann Vonovia den Einbau nicht erzwingen. Gut möglich, dass sich der Bundesgerichtshof auch mit diesen Geräten befassen muss.
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