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Netanjahu zieht zurück
Vizeadmiral wird doch nicht neuer Chef des Schin Bet
Nur wenige Stunden durfte sich der Vizeadmiral Eli Scharvit als neuer Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet fühlen. Dann war der Traum schon wieder vorbei: Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, der Scharvit am Montag zum neuen Leiter des Schin Bet auserkoren hatte, besann sich über Nacht neu und machte seine Entscheidung wieder rückgängig. Der Ministerpräsident habe dem Vizeadmiral mitgeteilt, dass er »andere Kandidaten« prüfen werde, erklärte Netanjahus Büro am Dienstag. Israels Opposition nannte das Verhalten des Regierungschefs »eine Verletzung der Staatssicherheit«.
Was das Hin und Her bedeutet, wird erst langsam klar: Scharvit soll sich 2023 an den Massenprotesten gegen Netanjahus angestrebten Umbau der Justiz beteiligt haben. Außerdem scheint Netanjahu auf das Wohlwollen der US-Regierung zu schielen. Israelischen Medien zufolge haben prominente Republikaner in den USA ihr Missfallen geäußert wegen eines kritischen Beitrags Scharvits über die Klimapolitik von US-Präsident Donald Trump. Die Personalie Scharvit sei »mehr als problematisch«, kommentierte der eng mit Trump verbündete US-Senator Lindsey Graham auf der Plattform X und riet dazu, den Kurs zu ändern und »bessere Sicherheitsüberprüfungen« vorzunehmen.
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Opposition kritisiert Vorgehen der Regierung
Oppositionsführer Jair Lapid verurteilte den sprunghaften Umgang der Regierung mit dem Posten des Chefs des Inlandsgeheimdienstes: »Das ist keine Stelle, die man verkündet und nach 24 Stunden wegen ein paar Aufschreien bereut.«
In der Diskussion um den vakanten Chefposten des Schin Bet gerät der Krieg aus den Augen: Seit Wiederaufnahme der israelischen Angriffe im Gazastreifen vor zwei Wochen sind nach UN-Angaben mindestens 322 Minderjährige getötet worden. Mehr als 600 weitere Kinder und Jugendliche seien verletzt worden, hieß es in einer Mitteilung des UN-Kinderhilfswerks Unicef. »Die meisten von ihnen waren Vertriebene, die in behelfsmäßigen Zelten oder beschädigten Häusern Zuflucht gesucht hatten.«
Beschuss von Rettungssanitätern
Im Süden des Gazastreifens, rund um die Stadt Rafah, hat die Armee die Menschen zur Evakuierung aufgerufen, mitten im Fest zum Ende des Ramadans. »Die Menschen werden wie Flipperkugeln behandelt, mit ständigen militärischen Befehlen«, beklagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini auf X. Es werde mit ihrem Schicksal und Leben gespielt. »Dies führt zu Panik, Angst und Unsicherheit am ersten Tag des Zuckerfestes, einer Zeit, in der man eigentlich mit seiner Familie und seinen Lieben zusammen ist.«
Am Wochenende beschoss die israelische Armee Rettungsfahrzeuge des palästinensischen Roten Halbmonds und tötete mindestens 15 Menschen, darunter acht medizinische Mitarbeiter, sechs Mitglieder des Zivilschutzes und ein UN-Mitarbeiter, erklärte der Rote Halbmond am Sonntag und warf der israelischen Armee vor, auf die Menschen geschossen zu haben, während diese im Rettungseinsatz gewesen seien. Es handele sich um ein »Kriegsverbrechen«. Mit Agenturen
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