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Ermattungsexpertin: Ju Wenjun verteidigt ihren WM-Titel
Die Chinesin dominiert die Schach-Weltmeisterschaft wie kaum eine Spielerin vor ihr
Ju Wenjun wirkt selten beeindruckt. Das gilt für ihr mediales Auftreten wie für ihren Spielstil. Was um sie herum fabriziert wird, interessiert die Schachspielerin wenig. Es gibt eine Faktizität der Ereignisse und auf die ist zu reagieren, ungerührt und mit der notwendigen Stabilität.
Mit diesem Spielstil hat Ju in dieser Woche zum vierten Mal den Weltmeistertitel im Schach verteidigt, dieses Mal gegen Tan Zonghyi. Wäre das ein Wrestling-Match, würde der Gegensatz lauten: Feuer gegen Eis. Tan Zonghyi wurden gerade deswegen Chancen eingeräumt, weil sie in der Lage ist, sich in einen Rausch zu spielen, das hat sie in vergangenen Partien immer wieder bewiesen. Kommt sie ins Rollen, hält sie nichts mehr auf.
Kurz sah es danach aus, als könnte auch Ju Wenjun Opfer dieser Feuerwalze werden. In Spiel zwei der WM kam sie böse unter die Räder. Aber Ju Wenjun lässt sich von Niederlagen wenig beeindrucken. Im weiteren Match-Verlauf entnervte sie ihre Kontrahentin mit einer defensiven Stabilität, die nicht mit Passivität verwechselt werden darf. Bot sich Ju Wenjun die Möglichkeit zum Gegenangriff, nutzte sie diese gnadenlos aus. Immer wieder ließ sie Tan Zonghyi in Konter laufen und kochte ihre Gegnerin mit diesem Spielstil, der mehr eine Grundanlage ihres Spiels ist als eine konkrete Strategie, einfach ab. Nach der zweiten Partie gewann Tan kein Spiel mehr. Ju hat sie nicht nur dominiert, sondern entzaubert.
Es wäre keine Überraschung, wenn Ju Wenjun jetzt abtreten würde. Im Schach der Frauen gibt es niemanden auf ihrem Niveau, und sich Hahnenkämpfe wie bei den Männern anzutun würde sie zu sehr davon ablenken, worum es ihr tatsächlich geht: ums Schach.
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