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Geheimdienstler abgesägt
Kritik an Umgang mit Brandenburgs Verfassungsschutz
Die Verfassung werde angegriffen und Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD) enthaupte den Verfassungsschutz. »Absurder geht es nimmer«, meinte der Linke-Landesvorsitzende Sebastian Walter am Mittwoch. Am Dienstag sägte die Ministerin Verfassungsschutzchef Jörg Müller ab. Begründung: Das notwendige Vertrauen sei nicht mehr gegeben.
Müller soll die Ministerin nicht informiert haben, dass der Verfassungsschutz den AfD-Landesverband bereits Mitte April von einem Verdachtsfall zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung hochstufte. Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will davon erst jetzt erfahren haben, wie der »Tagesspiegel« berichtete.
Im Juli soll der Posten neu besetzt werden. Bis dahin führt Müllers Stellvertreter Axel Heidrich die Verfassungsschutzabteilung. Jörg Müller war 2020 vom damaligen Innenminister Michael Stübgen (CDU) zum Geheimdienstchef gemacht worden. Er erarbeitete sich einen guten Ruf, sogar bei Linken, die den Verfassungsschutz und seine Methoden prinzipiell kritisch sehen.
»Lange macht sich mit ihrem Vorgehen zur besten Kraft der AfD im Kabinett«, rügte nun Linke-Landeschef Walter. »Ihre jahrelange Strategie des Wegschauens und Bagatellisierens ist falsch und gefährdet das ganze Land.« Um den rechtsextremistischen Charakter der AfD zu erkennen, brauche es kein 1000-seitiges Gutachten. »Gesunder Menschenverstand genügt!« Walter forderte, ein Parteiverbotsverfahren unverzüglich auf den Weg zu bringen.
Es sei die Dienstanweisung aufgehoben, wonach der Verfassungsschutz eigenständig Informationen sammelt und bewertet. Die Ministerin wolle ab jetzt selbst über Einstufungen als extremistisch entscheiden, teilte die oppositionelle CDU mit. »Der Vorgang ist beispiellos. Die politische Unabhängigkeit des Verfassungsschutzes ist ein hohes Gut und zwingend notwendig«, sagte der Landtagsabgeordnete Rainer Genilke.
Lange bleibe zwar dabei, sie sei von Müller nicht informiert worden. Doch das sei »wenig glaubwürdig«, sagte Genilke vor dem Hintergrund, dass es bereits im Dezember Berichte über ein Gutachten gab und dass sich Lange kritisch zur am 2. Mai erfolgten Einstufung des AfD-Bundesverbandes als gesichert rechtsextremistisch geäußert habe.
»Die Entlassung von Jörg Müller ist das späte Eingeständnis, dass der politische Feldzug gegen die AfD gescheitert ist«, frohlockte der AfD-Landesvorsitzende René Springer. Jörg Müller habe die Brandenburger AfD als »erwiesen extremistisch« brandmarken wollen. Dem habe die Ministerin ein Ende gesetzt. Das sei ein mutiger Schritt in Zeiten, in denen aus den Reihen der SPD lautstark ein Verbot der AfD gefordert werde.
Dagegen kritisiert Grünen-Landeschefin Andrea Lübcke, Müller sei zur Unzeit abgesetzt worden. Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Verfassungsschutzberichts sende die Innenministerin ein fatales Signal. »Statt Klarheit und Stabilität herrschen nun Unruhe und Verunsicherung.«
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