Pelé Wollitz: Der Rächer der Gurkenbauern

Um wieder in den Profifußball zu gelangen, brauchte der FC Energie den richtigen Trainer

  • Frank Willmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Gurkenbauern letzte Rache: Trainer Pelé Wollitz und seine Cottbuser, hier beim Feiern in Rostock.
Der Gurkenbauern letzte Rache: Trainer Pelé Wollitz und seine Cottbuser, hier beim Feiern in Rostock.

Die Sonne scheint mild in meine Kemenate und die Ligen im deutschen Fußballbetrieb sausen und prusten auf der Zielgerade. Was gefällt mir? St. Pauli bleibt vielleicht in der Bundesliga, der zweite Hamburger Verein ist wieder oben, der Kölner Karnevalsverein kann es am letzten Spieltag schaffen. Mit Dynamo Dresden ist der Osten wieder mit zwei Klubs in Liga zwei, man muss die Fans der Sachsen nicht mögen, eine sportliche Bereicherung ist Dynamo in jedem Fall.

Wen man auch nicht lieben muss, ist Pelé Wollitz, der eigentlich Claus Dieter heißt. Was er in Cottbus leistet, ist phänomenal. Wollitz wirbelt das Zonenrandgebiet aufs Feinste durcheinander. Bei Energie steht nicht die Kunst des schönen Spiels im Vordergrund, in Cottbus heißt es gegenhalten, standhaft bleiben, auf die eigene Kraft vertrauen, dem besser aufgestellten Gegner mit List begegnen, immer alles geben und noch viel mehr. Um ganz nach oben zu gelangen, brauchte der FC Energie Cottbus den richtigen Trainer, der die nötigen elf Prozent über dem Durchschnitt aus den Spielern holen kann.

Ballhaus Ost
Fussball, Herren, 2. Bundesliga, Saison 2014/2015 (10. Spieltag)...

Frank Willmann blickt auf den Fußball zwischen Leipzig, Łódź und Ljubljana.

Claus-Dieter Wollitz, ein im ostwestfälischen Brakel gebürtiger ehemaliger Fußballer, ist laut, fordernd, polterig, uneinsichtig, beleidigend, herausfordernd, ein für seine Herde positiv besetzter Prolet, etwa wie der junge Manfred Krug in »Spur der Steine«, ein Erlöser, ein unkaputtbarer Optimist.

Er versteht es, an den unsichtbaren Schräubchen zu drehen, hier ein wenig Öl ins Feuer, dort das Zuckerbrot geteilt. Wollitz kann wunderbar kratzen, beißen und Erdenwürmern ein Bein stellen. Ich denke, zur Not kann er mittels unsichtbarer Kraftströme auch Beine zu Brei werden lassen, wenn es die allgemeine Gemengelage erfordert.

Wollitz frühstückt am Morgen zwei Katzen und schlürft ein Dutzend Papageien-Eier dazu. Er ist ein fucking Fossil aus den früheren 90ern: einer, der die Peitsche zu handhaben weiß, doch seine Schutzbefohlenen (alle in und um Cottbus) gütiger behandelt als die Mutter Maria.

Beim Spiel in Rostock reichte jüngst ein böser Blick, um die Windeln der ängstlichen Rostocker zum Überlaufen zu bringen. Die Geißel der Lausitz hatte diesen etwas mitgebracht, was sie so nicht erwartet hatten. Schneid, Schneid, Schneid.

Dafür muss man ihn preisen, er ist ein Kuschelmonster, der Gurkenbauern letzte Rache. Gewinnt Wollitz am letzten Spieltag daheim gegen Ingolstadt, erleben wir sicher zwei geniale Relegationsspiele um den Aufstieg in die 2. Liga. Braunschweig, Fürth oder Münster, zieht euch warm an, einer von euch dreien ist das nächste Wollitzopfer.

Die Erde wird zum Relegationsspiel in Cottbus beben, der Höllenschlund sich auftun. Wollitz wird alle Kräfte und Helfershelferinnen aufbieten, um sein Personal-Jesus-Projekt zu vollenden. Denn es kann nur einen geben, der die Lausitz erlöst in Kraft und Herrlichkeit. Sein Name ist Claus-Dieter. Er hat das Menschsein überwunden und wird nach dem Aufstieg in die 2. Liga als Lichtwesen um die Erde kreisen. Bodenkontrolle an Major Claus-Dieter. Nimm deine Proteinpillen und setz deinen Helm auf!

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