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Rheinmetall, Hensoldt & Co: Das blendende Geschäft mit dem Krieg
Mehrere Organisationen kritisieren den Handel deutscher Rüstungsunternehmen mit autoritären Regimen
Einen Verlierer hat die Diskussion um einen möglichen Waffenstillstand in der Ukraine: Die Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall verlor in den vergangenen Tagen einige Prozent. Vorstandsvorsitzender Armin Papperger dürfte das verkraften – seit der »Zeitenwende« 2022 geht es mit dem Wert der Papiere steil nach oben. Am Dienstag hielt der Konzern seine Hauptversammlung ab. Vier Organisationen – »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!«, der Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre, Facing Finance und Ohne Rüstung Leben – nutzten die Gelegenheit, um Rheinmetall und andere deutsche Rüstungsfirmen scharf zu kritisieren.
Trotz milliardenschwerer Aufträge aus Deutschland und anderen Nato-Staaten treibe Rheinmetall eine »aggressive Internationalisierungsstrategie« voran, heißt es in einer Mitteilung der Gruppen. Ziel sei es, sich von deutschen Exportregeln zu lösen.
Barbara Happe, Vorständin des Dachverbands Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre, prangerte in ihrer Rede auf der Hauptversammlung die Beteiligung Rheinmetalls am südafrikanischen Joint Venture Rheinmetall Denel Munition an. Über dieses liefere der Konzern Waffen an Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien. Auch in Ungarn und den USA baue Rheinmetall seine Präsenz aus, ohne auf die politischen Entwicklungen in diesen Staaten zu achten. »Rheinmetall entwickelt sich zum globalen Waffenproduzenten ohne Grenzen – bereit, die Nachfrage überall dort zu bedienen, wo der Preis stimmt«, so Happe. Das gelte auch für die Mitwirkung des Düsseldorfer Konzerns an der Produktion von amerikanischen F-35A-Tarnkappenbombern. »Damit beteiligt sich Rheinmetall am Bau eines Flugzeugs, das für den Einsatz von Massenvernichtungswaffen vorgesehen ist und verstärkt die Gefahr einer nuklearen Eskalation in Europa.«
»Papperger versucht weiterhin, sich als Sicherheitsgarant par excellence zu präsentieren.«
Barbara Happe
Vorständin des Dachverbands
Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre
Im Gespräch mit »nd« erklärt Happe: »Papperger versucht, sich als Sicherheitsgarant par excellence zu präsentieren.« Ein Problembewusstsein für die Produktion in Ländern mit rechtspopulistischen Regierungen könne sie bei ihm nicht erkennen.
Das antimilitaristische Bündnis »Rheinmetall entwaffnen« wirft dem Vorstandsvorsitzenden vor, mit der Angst zu spielen. »Er malt einen russischen Angriff auf Nato-Staaten und die Bundesrepublik an die Wand«, schreibt »Rheinmetall entwaffnen« auf dem Kurznachrichtendienst Bluesky. Papperger habe gesagt, die Bundeswehr müsse bis 2029 bereit sein, einen solchen Angriff abzuwehren.
Die Hauptversammlung fand virtuell statt, »um Störungen durch Dritte zu verhindern«, wie Aufsichtsrat Ulrich Grillo laut »Rheinmetall entwaffnen« gesagt hat. Gruppen aus der Friedensbewegung demonstrierten während der Hauptversammlung deshalb vor der Zentrale des Rüstungskonzerns in Düsseldorf. Bereits am Montag hatte das Bündnis Kein Frieden mit Rheinmetall zu einer »Vorabenddemo« gegen die Hauptversammlung aufgerufen.
Mit knapp zehn Milliarden Euro Umsatz war Rheinmetall 2024 Deutschlands größter Rüstungskonzern. In der Top 10 der Branche rangiert auch die Hensoldt-Gruppe, die Sensoren, optische Geräte und Radarsysteme herstellt. Auf deren Hauptversammlung am 27. Mai will das Viererbündnis ebenfalls Kritik üben. »Auch der Rüstungskonzern Hensoldt hält trotz boomender Aufträge aus Deutschland und Europa an seinen Geschäften mit autoritären Regimen fest«, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Nahe Osten sei weiterhin die zweitwichtigste Umsatzregion des Unternehmens.
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Weniger bekannt als Rüstungskonzern ist Daimler Truck. Das Unternehmen produziert unter anderem militärische Nutzfahrzeuge. Auch auf dessen Hauptversammlung am 27. Mai will der Dachverband kritischer Aktionärinnen und Aktionäre auf Geschäfte mit Autokraten hinweisen. 2023 habe Daimler Truck Militärfahrzeuge an Algerien, Saudi-Arabien und die Türkei geliefert. In Algerien würden die Fahrzeuge gezielt eingesetzt, um Geflüchtete zu verfolgen und die Grenzen abzuriegeln.
Die deutsche Rüstungsindustrie zeige mit ihren Geschäften mit autoritären Regimen, dass es ihr nicht um Sicherheit gehe, so die vier antimilitaristischen Organisationen. Obschon: Vielleicht ist damit schlicht eine Sicherheit gemeint – nämlich die der eigenen Profite.
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