Der SC Freiburg will über Frankfurt in die Champions League

Fußballer und Fans feiern schon jetzt eine großartige Saison, wollen sie gegen die Eintracht aber noch krönen

  • Andreas Morbach, Freiburg
  • Lesedauer: 5 Min.
Wenn Freiburgs Fußballer um Torwart Atubolu (2. v. r.) mit ihren Fans wie zuletzt in Kiel feiern, dann wird auch der Europacupsong gesungen.
Wenn Freiburgs Fußballer um Torwart Atubolu (2. v. r.) mit ihren Fans wie zuletzt in Kiel feiern, dann wird auch der Europacupsong gesungen.

Noah Atubolu bekam den Europacupsong der Freiburger Fans in den letzten Wochen bei Bundesligaspielen des Sport-Clubs ja schon häufiger mal zu hören, entsprechend textsicher ist der Torhüter der Breisgauer inzwischen auch. Nicht von einem Flug über die Alpen, wie ihm ein Reporter jüngst beim Spiel in Kiel weismachen wollte, ist darin die Rede. »Ich glaube, es heißt ›Wir fahren über die Alpen‹«, korrigierte Atubolu vorsichtig – und vollendete dann das Liedchen, in dem es neben Italien auch um Reiseziele wie Baku und London geht. »Denn«, so die vom Keeper vorgetragene Kernbotschaft des Songs: »Freiburg spielt international

Der ganz große Coup

Das steht seit dem 2:1 am letzten Wochenende beim direkten Wiederabsteiger Holstein fest. Die Europa League ist dem Team von Julian Schuster in dessen Premierensaison als Cheftrainer bereits sicher. Im direkten Duell mit den drittplatzierten Frankfurtern kann Freiburg aber noch den ganz großen Coup landen: Ein Heimsieg gegen die zuletzt etwas verunsicherte Eintracht – und die Südbadener wären nicht nur erstmals in der Champions League dabei, sondern auch Dritter der Bundesliga.

Bei einem Freiburger Erfolg ist es an diesem Sonnabend im Dreikampf um die letzten zwei Königsklassen-Tickets dann vollkommen egal, was der Fünfte aus Dortmund parallel dazu gegen Kiel anstellt. »Unsere Ausgangslage ist sensationell«, findet Ballfänger Atubolu, gebürtiger Freiburger und dort im schwierigen, vernachlässigten Stadtteil Weingarten aufgewachsen. Dabei hätte der vergangene Sonntag – mit Dortmunds Sieg in Leverkusen und dem Frankfurter Remis gegen St. Pauli – aus Sicht des SC nicht schlechter laufen können. Denn für eine sichere Teilnahme an der Champions League braucht es bei einem Sieg des BVB auch einen Freiburger Sieg über Eintracht Frankfurt.

Mit Weitsicht planen

Doch schon jetzt sind sie mächtig stolz auf ihren Klub in der Studentenstadt, wo am Sonnabend Tausende zu einem Fanmarsch zum Stadion aufbrechen werden. Dass der Übergang von Kulttrainer Christian Streich zu dem über Jahre auf den Job vorbereiteten Schuster ohne größeres Knirschen über die Bühne gehen würde, damit war schließlich selbst beim mit viel Weitsicht planenden SC nicht zu rechnen.

Dazu passt, dass Finanzvorstand Oliver Leki zwar nicht verheimlicht, dass man in der Bundesliga nun vor einem »Endspiel« stehe, bei dem es »noch mal richtig spannend« werde, übermütigen Seelen aber schon mal klarmachte: »Auch die Europa League ist ein interessanter Wettbewerb, in dem man ordentlich Geld verdienen kann.« Das wissen die Freiburger aus eigener Erfahrung im zweitwichtigsten Vereinswettbewerb des Kontinents, wo es für sie 2023 und 2024 jeweils bis ins Achtelfinale ging.

Geerdete Drahtzieher

Dass die Champions League eine Nummer zu groß sein könnte, wie Mittelfeldregisseur Nadiem Amiri zuletzt aus Sicht des FSV Mainz mutmaßte, ist im Breisgau nicht zu vernehmen. Doch wer die beim SC innerbetrieblich tief verankerte Demut kennt, ahnt, dass der eine oder andere unter Freiburgs sehr geerdeten Drahtziehern ordentlich zusammengezuckt sein dürfte, als Atubolu nach dem Sieg in Kiel erklärte: »Wenn die Ausgangslage so ist, wie sie ist, und auch noch was nach oben geht, will man natürlich das Bestmögliche rausholen.«

Das Bestmögliche ist Rang drei, so gut war der Klub erst ein Mal – vor 30 Jahren. Der damit verbundene Sprung hinauf zu den ganz großen Kalibern des europäischen Fußballs wäre für Finanzchef Leki die »Krönung« einer Saison, »die wir nicht mehr kaputtmachen können«, wie Sportvorstand Jochen Saier zufrieden festgestellt hat.

Entwicklungsschritte in der Rückrunde

Hoffnung, sich ab September tatsächlich mit Inter Mailand, Liverpool oder Real Madrid messen zu dürfen, macht den Breisgauern dabei ein wichtiger Entwicklungsschritt in der Rückrunde. In der ersten Saisonhälfte setzte es für den SC gegen die Großen der Bundesliga regelmäßig so deftige Ohrfeigen, dass Schusters Team auch wegen des negativen Torverhältnisses um den Einzug in die Königsklasse bangt. Dass sich der SC in Duellen mit Topteams stabilisiert hat, zeigte zuletzt das 2:2 gegen den entthronten Meister Leverkusen vor zwei Wochen.

Zu einem Sieg gegen die neben Freiburg sechs besten Teams reichte es bei vier Unentschieden und sieben Niederlagen mit einem Torverhältnis von 9:28 in bislang elf Anläufen allerdings nicht. Versuch Nummer zwölf sollte nun klappen – ansonsten könnte der SC zum dritten Mal nach 2013, 2022 und 2023 auf den letzten Metern die Champions League verfehlen.

»Freiburg ist dafür bekannt, dass sie alles reinwerfen«, weiß Abwehrchef Robin Koch vom Gegner Frankfurt, der von 2017 bis 2020 beim Sport-Club gespielt hat. Damals war Schuster Verbindungstrainer zwischen U19, U23 und dem Bundesligateam. Jetzt ist der gebürtige Schwabe mit seiner ebenso strikten wie menschenfreundlichen Mannschaftsführung Chef bei den Profis – und bläst vor dem Showdown gegen Frankfurt die Backen auf: »Wir haben noch eine Aufgabe, und wir haben gesagt, wir ziehen das bis zum letzten Atemzug durch. Und deshalb«, so der 40-Jährige unmissverständlich, »werden wir das auch tun.«

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