• Politik
  • Ostdeutsches Wirtschaftsforum

Bundesministerin kündigt »Entlastungspaket« an

Im brandenburgischen Bad Saarow diskutieren Politiker der »neuen« Länder und Unternehmer Wege aus der Stagnation

Ostdeutsch und erfolgreich: Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche kam am Montag mit einigen Ankündigungen nach Bad Saarow.
Ostdeutsch und erfolgreich: Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche kam am Montag mit einigen Ankündigungen nach Bad Saarow.

Aus der Politik direkt in die Wirtschaft und zurück: Diesen Weg ging Katherina Reiche. Die CDU-Politikerin ist seit zwei Wochen Bundeswirtschaftsministerin und kam am Montag für eine »Keynote« zum Ostdeutschen Wirtschaftsforum (OWF) ins brandenburgische Bad Saarow. Das 2006 von Bundesregierung und dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) gegründete OWF nimmt für sich in Anspruch, die »wichtigste Plattform für alle Themen rund um den Wirtschaftsstandort Ostdeutschland« zu sein. Ziel ist es laut Selbstdarstellung, relevante Akteure aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft zu vernetzen sowie Lösungsansätze für die regionalspezifischen »Strukturwandel- und Transformationsprozesse« zu erarbeiten.

Dass die Erwartungen beim Wirtschaftswachstum bundesweit nicht rosig sind, ist bekannt. Und dass der Osten noch mal besondere »Herausforderungen« zu meistern hat, betonte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) am Montag in Bad Saarow. Im Deutschlandfunk wies sie zudem darauf hin, dass Probleme in Ostdeutschland früher ankämen. Die Bundespolitik reagiere aber »immer erst, wenn auch Westdeutschland betroffen sei«. Dies sei »ein großer Fehler«.

Aktuell brauchten Bürger wie Unternehmen im Osten dringend niedrigere Energiekosten, so Schwesig. Ihr Bundesland etwa produziere bereits doppelt so viel Strom aus erneuerbaren Energieträgern, als es selbst benötige. Nun seien »faire Netzentgelte« nötig, die Produktionsregionen »Vorteile verschaffen, anstatt sie für ihre Investitionen zu bestrafen«. Wichtig seien auch Bürokratieabbau und Investitionen.

Die gebürtige Brandenburgerin Katherina Reiche hatte einige Ankündigungen im Gepäck. Bis Mitte Juli werde das Bundeskabinett ein »erstes Entlastungspaket für Unternehmen« auf den Weg bringen, sagte sie in Bad Saarow. Enthalten sein würden die Senkung der Stromsteuer und erste Reformen zum Arbeitsmarkt. »Weitere Punkte werden bis zum Jahresende folgen müssen«, so Reiche, ohne Details zu nennen.

»Wir werden zunächst einen Investitionsbooster beschließen, Abschreibungsmöglichkeiten deutlich verbessern, um dann in eine Unternehmenssteuerreform zu gehen.«

Katherina Reiche 
Bundeswirtschaftsministerin (CDU)

»Wir werden zunächst einen sogenannten Investitionsbooster beschließen, Abschreibungsmöglichkeiten deutlich verbessern, um dann in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode in eine Unternehmenssteuerreform zu gehen«, kündigte Reiche an. Sie pochte erneut auf den Ausbau »gesicherter Leistung« – gemeint sind Kraftwerke, die auch dann sicher Strom liefern, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Die Regierung will neue Gaskraftwerke bauen lassen.

Ostdeutschland hat nach Ansicht von Reiche in den vergangenen Jahren wirtschaftlich aufgeholt und sei für Investoren attraktiv. Die Arbeitslosigkeit liege unter der im Saarland oder in Nordrhein-Westfalen, die Löhne seien gestiegen. Das erfülle sie »mit Stolz und auch mit Zuversicht«.

Am Sonntag hatte Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, beim OWF mehr Wagniskapital für den Osten, eine stärkere Aktienkultur und gezielte Zuwanderung gefordert. Ihre Kollegin im Sachverständigenrat, Veronika Grimm, plädierte dieser Tage für eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters auf 68 Jahre.

Dem widersprach Manuela Schwesig. In Ostdeutschland hätten »97 Prozent der Rentner« keine andere Einkommensquelle als die gesetzliche Rente. Zudem könnten viele »in der Pflege, auf dem Bau und in der Produktion« angesichts ihrer harten Arbeit nicht einmal bis zum aktuellen regulären Renteneintrittsalter arbeiten. Mithin bedeute eine weitere Anhebung für die große Mehrheit im Osten eine weitere Rentenkürzung, so die Schweriner Regierungschefin.

Derweil beklagten die Linke-Politiker*innen Sören Pellmann und Ina Latendorf mit Blick auf das OWF, der Osten finde kaum Beachtung im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Latendorf erklärte zu den Forderungen von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) nach Ausgabenkürzungen in allen Ressorts: »Jetzt outet sich der selbsternannte Investitionsminister Klingbeil als erster Sparkommissar.« Seine Sparappelle besserten die Aussichten für die ostdeutschen Unternehmen nicht. Nötig seien »Entschuldung der Kommunen und massive Ausweitung der regionalen Wirtschafts- und Strukturförderung«.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.