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Wertet Pflege als Lohnarbeit!
Sarah Yolanda Koss über eine Ministerin, die sich als moderne Florence Nightingale inszeniert
»Pflege ist keine Ferienarbeit«, soll die britische Krankenschwester Florence Nightingale irgendwann im 19. Jahrhundert gesagt haben. Nicht einmal 200 Jahre später kommt die CDU zum selben Ergebnis. Mit einer überraschend progressiven Forderung wartet Familienministerin Prien auf: Lohnersatz für pflegende Angehörige. Gut, die Finanzierung ist völlig unklar und ohnehin will Schwarz-Rot den Vorstoß erst einmal prüfen. Dennoch, das Thema mal wieder diskutierbar zu machen, ist begrüßenswert.
Nun stellt sich aber die Frage, was von der Frau zu erwarten ist, die ihr Ministerium explizit »nicht mehr nur aus Minderheitenperspektive« leiten möchte. Denn ein Familienpflegegeld könnte konservativ gedacht Nachteile mit sich bringen – zum Beispiel, wenn es vorrangig Frauen, die ohnehin bereits den überwiegenden Teil der Pflegearbeit in Deutschland leisten, verstärkt in diese Rolle drängt. Deswegen braucht es dringend eine Ausgestaltung, die alle Geschlechter einbezieht.
Weitergedacht: Auch wenn Frau Prien Gendersternchen per se ablehnt, ist Politik in manchen Fällen Sprachsache. Warum also die Reform nicht zum Pflegelohn umbenennen – um klarzumachen, dass es sich hier nicht um Wohltätigkeit, sondern um Vergütung für Arbeit handelt? Und um nicht auf der diskursiven Ebene stehenzubleiben: Wie wäre es darüber hinaus damit, die Anerkennung für die Pflegearbeit in entsprechenden Rentenpunkten auszudrücken? Das würde sogar ins Konzept der Rente für alle passen, wie es Priens SPD-Kollegin im Arbeitsministerium vorschlug. Friede, Freude, Pflegelohn.
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