Neukölln aufgepasst! Hikel will mehr Touris in den Bezirk holen

Die neue Image-Plakat-Kampagne wird die realen Probleme in Neukölln nicht lösen

  • Paulina Rohm
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Erde ist Rund, Obdachlosen geht es blendend, Verdrängung und Gewalt in Neukölln gibt es nicht.
Die Erde ist Rund, Obdachlosen geht es blendend, Verdrängung und Gewalt in Neukölln gibt es nicht.

35 000 Euro kostet die Image-Kampagne, die Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) auf den Weg bringt. Mit den Plakaten wolle er »zeigen, dass Neukölln mehr ist als die Schlagzeilen, die oft schnell über uns geschrieben werden«. Sie sollen in deutschen Großstädten wie Dresden, Frankfurt und München den Bezirk entstigmatisieren. Mit der widersprüchlich wirkenden Kombination aus ästhetischen Bildern verschiedener Kieze, reißerischen Schlagzeilen und dem Slogan »Mach dir dein eigenes Bild!« will Hikel Tourist*innen nach Neukölln locken.

Die echten Probleme des Bezirks – Polizeigewalt sowie vernachlässigte Infrastruktur und Bildung – werden mit solchen Kampagnen nicht nur nicht angegangen. Vielmehr legitimiert die Kampagne, dass Arme aus ihren Kiezen verdrängt werden und der öffentliche Raum überwacht wird.

So soll ein Plakat mit dem Schriftzug »Dramatische Szenen« die Karl-Marx-Straße als »kleinen Broadway« darstellen. Dass die Polizei in Neukölln regelmäßig Demonstrant*innen verprügelt und sogenanntes Sicherheitspersonal drogenabhängige Menschen aus dem öffentlichen Raum verscheucht, will man nicht sehen.

Es erscheint außerdem höhnisch, wenn Hikel erklärt, »wie Neukölln pulsiert und lebt mit seiner einzigartigen Kunst- und Kulturszene«. Gerade erst hat das Abgeordnetenhaus beschlossen, den Kulturetat um 130 Millionen Euro zu kürzen.

Machen Sie sich also schon mal auf das nächste überteuerte Brunch-Lokal, den Coworking Space und die folgende Mieterhöhung gefasst. Denn eine unrealistisch polierte Darstellung in den Medien wird die Probleme der Neuköllner*innen mit Sicherheit nicht lösen.

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