Mehr Krisen, weniger Hilfe

Martin Ling über Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit

Afghanistan: Ein Mädchen trägt ein Wasserfass an einem Umsiedlungsort für Überlebende der Überschwemmung in Firoz Koh.
Afghanistan: Ein Mädchen trägt ein Wasserfass an einem Umsiedlungsort für Überlebende der Überschwemmung in Firoz Koh.

Es ist eine fatale globale Entwicklung: Die Zahl der bewaffneten Konflikte steigt, die Ausgaben für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit sinken. Reagierten die reichen Länder auf die Corona-Pandemie noch mit einer Ausweitung ihrer Mittel für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA), um die Folgen der Pandemie auch im Globalen Süden abzumildern, wird seit 2023 in der Entwicklungszusammenarbeit kräftig gekürzt. Schätzungen der Organisation SEEK Development zufolge wird von 2023 bis 2025, also innerhalb von nur zwei Jahren, global ein Drittel der ODA-Mittel wegfallen.

Eine prognostizierte Konsequenz: Allein die Kürzung der Mittel für schwere akute Unterernährung könnte dazu führen, dass 2,3 Millionen Kinder nicht mehr versorgt werden – mit potenziell tödlichen Folgen für 369 000 Kinder jährlich. Nur eine der ernüchternden Informationen aus dem »Kompass 2025« von Terre des Hommes und Welthungerhilfe, der die Entwicklungspolitik mit besonderem Fokus auf die der Bundesregierung analysiert.

Die deutsche Bundesregierung reiht sich ein in die Länder von den USA über Großbritannien bis zu den Niederlanden, für die mehr denn je gilt: Sicherheit ist alles, Entwicklung ist nichts. Nach aktueller Finanzplanung soll der Haushalt des Entwicklungsministeriums von 2023 bis 2025 insgesamt um ein Viertel schrumpfen.

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wird in der Entwicklungspolitik unter anderem ein expliziter Fokus auf »deutsche Eigeninteressen« angekündigt. Allein in Deutschland beläuft sich die Steuerhinterziehung auf 100 Milliarden Euro pro Jahr – die ODA-Mittel betrugen 2024 knapp 30 Milliarden Euro. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Der Wille fehlt.

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