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BSW-Gespräch mit AfD auf höchster Ebene?
Der Versuch, zwei wichtige Ausschüsse zu besetzen, könnte Björn Höcke aufwerten
In dem seit Monaten schwelenden Konflikt um die Besetzung von zwei für die Thüringer Justiz wichtigen Ausschüssen sucht der Vorsitzende der BSW-Landtagsfraktion, Frank Augsten, nach Informationen unserer Zeitung nun tatsächlich das direkte Gespräch mit der AfD – und schafft damit wohl eine Situation, die es so mutmaßlich noch nie gegeben hat: Denn höchstwahrscheinlich wird Augsten bei diesem Gespräch auf den AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke treffen.
Selbst langjährige Abgeordnete im Thüringer Landtag, die dort hohe Funktionen innehaben oder innehatten, können sich nicht daran erinnern, dass es zwischen Höcke und einem anderen Fraktionsvorsitzenden jemals direkte Gespräche gegeben hätte. In den vergangenen Jahren hatte es – jedenfalls soweit es öffentlich bekannt ist beziehungsweise nach den Erinnerungen der verschiedenen Abgeordneten – höchstens Gespräche zwischen Vertretern der AfD und der anderen Landtagsfraktion auf Ebene der parlamentarischen Geschäftsführer gegeben.
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Nun aber: Am Rande des nächsten Plenums werde es ein Treffen zwischen Augsten und einem Vertreter der AfD-Landtagsfraktion geben, sagte ein Sprecher der BSW-Fraktion am Dienstag in Erfurt. Bei diesem Gespräch werde es darum gehen, welche Möglichkeiten es gebe, um sowohl den Richter- als auch den Staatsanwältewahlausschuss ordnungsgemäß zu besetzen. Wen genau Augsten bei diesem Gespräch treffen wird, sagte der Sprecher nicht.
Der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende Daniel Haseloff bestätigte die Pläne für ein solches Treffen – und wurde konkreter. Es sei für die AfD zwar noch nicht abschließend entschieden, wer der Gesprächspartner für Augsten werde, wahrscheinlich werde es aber Höcke sein, sagte Haseloff. Immerhin entspreche es den parlamentarischen Gepflogenheiten, dass ein Fraktionsvorsitzender mit einem Fraktionsvorsitzenden spreche.
Augsten hatte vor wenigen Tagen angekündigt, Höcke zu einem Gespräch einladen zu wollen, um im Streit um die Besetzung der beiden Ausschüsse zu einer Lösung zu kommen. Er wolle dies aber nur nach Absprache mit den Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD, Andreas Bühl und Lutz Liebscher, tun, hatte Augsten gesagt. Das Gespräch selbst werde er allerdings nicht im Namen der Brombeer-Koalition, sondern im Namen des BSW führen. Liebscher hatte schon damals gesagt, aus seiner Sicht brauche Augsten keine Erlaubnis etwa der Sozialdemokraten, wenn er mit Höcke reden wolle. »Das ist seine Entscheidung.«
In Thüringen wird seit Langem um die Wahl von Mitgliedern für den Richter- und den Staatsanwältewahlausschuss gerungen. Die vom Landtag in beide Gremien zu entsendenden Abgeordneten müssen mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden. Abgeordnete von CDU, BSW, Linke und SPD sind bei den entsprechenden Wahlgängen bislang allerdings stets gescheitert, weil die AfD sich weigert, diese mitzuwählen. Beide Ausschüsse wirken bei der Berufung von Richtern und Staatsanwälten in den Dienst des Freistaats mit.
Die CDU-Landtagsfraktion unternimmt nach Angaben ihres Vorsitzenden Andreas Bühl unterdessen einen weiteren Anlauf, um diese beiden Ausschüsse zu besetzen. Die CDU werde bei dieser Plenarsitzung einen Listenvorschlag vorlegen, auf dem Namen von Abgeordneten aller im Landtag vertretenen Fraktionen stünden. Für die AfD wolle die CDU den AfD-Abgeordneten Olaf Kießling zur Entsendung in die Gremien vorschlagen. Dann könne die AfD zeigen, ob es ihr wirklich um die Arbeitsfähigkeit des Staates oder um eine Blockade der Justiz gehe, so Bühl.
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