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Unterbringung Geflüchteter: Containerdörfer und Notunterkünfte
Im Berliner Bezirk Pankow gelingt der Bau angemessener Unterkünfte für Geflüchtete nicht
Die Situation für geflüchtete Menschen in der Bundeshauptstadt ist weiterhin prekär. Erst am Dienstag hat der Senat beschlossen, die Container-Unterkunft auf dem Tempelhofer Feld um 1000 Plätze zu erweitern. Eine menschenwürdige Unterbringung jenseits solcher großräumigen Notunterkünfte oder Zeltstädte wie auf den ehemaligen Flughäfen Tegel und Tempelhof stellt das Land Berlin weiterhin vor große Schwierigkeiten. Das zeigt sich auch in Pankow.
Nachverdichtung am Schlosspark
Eins der Projekte im Bezirk wird von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau vorangetrieben. Als Wohnprojekt Kavalierstraße in der Nähe des Schlossparks ist die Errichtung von 99 Wohnungen angedacht. Das Vorhaben wurde in mehreren Gerichtsverfahren bestätigt – zuletzt erhielt die Wohnungsbaugesellschaft grünes Licht für die Fällung von einigen Dutzend Bäumen. Eine Nachbarschaftsinitiative in dem bürgerlich geprägten Kiez wehrt sich seit Jahren mit allen juristischen Mitteln gegen das geplante Bauvorhaben. Sie hält die Nachverdichtung angesichts der Klimakrise für den falschen Schritt und fordert eine alternative Bebauung.
Symbolische Unterstützung bekamen die Protestierenden nun vom Bezirksamt Pankow. Baustadtrat Cornelius Bechtler (Grüne) ordnete Mitte Juni an, dass die Wohnungsbaugesellschaft einen Kinderspielplatz wieder zugänglich machen soll. Dieser war im Hinblick auf die geplanten Baumaßnahmen abgesperrt worden. Aber da sich nichts tut, sollen die Bauzäune weg: »Ein qualifizierter Baubeginn des durch die Oberste Bauaufsicht genehmigten Vorhabens Neubau von zwei Unterkünften für Geflüchtete ist bisher nicht erfolgt«, sagte eine Sprecherin von Bezirksstadtrat Bechtler der »Berliner Morgenpost«.
Leider seien die vorhandenen Hof-, aber vor allem die Kinderspielflächen in beiden betreffenden Innenhöfen immer noch umzäunt und damit nicht nutzbar. Um diesen Zustand zu beenden, werde man »die ordnungsbehördlich notwendigen Maßnahmen zur Herstellung der Nutzbarkeit der Kinderspielflächen einleiten und diese auch durchsetzen«, so die Sprecherin weiter.
Der Bezirk Pankow hat sich auch gegen zwei weitere geplante Unterkünfte für Geflüchtete ausgesprochen, die, wie das zuständige Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) »nd« mitteilt, »im Sinne einer stadtplanerischen Gesamtentwicklung erst in frühestens 10 Jahren realisiert werden« könnten. Aus Sicht des Bezirksamtes sei die soziale Infrastruktur in den beiden Stadtteilen Karow und Buch bereits jetzt zu stark ausgelastet. Das Landesamt hat sich deshalb entschieden, die beiden Standorte nicht weiter zu verfolgen.
In dem nordöstlich gelegenen Bezirk befinden sich laut dem LAF prozentual mehr Unterbringungsplätze in landeseigenen Unterkünften als in anderen Berliner Bezirken. Dies liege hauptsächlich daran, dass in dem Bezirk mehr Flächen und Bestandsgebäude zur Verfügung standen beziehungsweise dem Landesamt zur Nutzung angeboten wurden als in anderen Bezirken.
Neues Containerdorf
Und auch bei den bestehenden Containerdörfern gibt es Schwund. Eines von ihnen an der Buchholzer Straße muss dem geplanten Stadtquartier Elisabethaue weichen. Ersatz mit 500 Plätzen ist unweit vom alten Standort geplant. Aber die Eröffnung findet frühestens im ersten Quartal 2027 statt. Um die Unterbringung von Geflüchteten und anderen vulnerablen Personen zu gewährleisten, hat das Bezirksamt deshalb eine neue Unterkunft mit über 200 Betten in Betrieb genommen. Das Objekt in der Berliner Straße war schon einmal als Flüchtlingsunterkunft des Landes im Gespräch. Jedoch lehnte das zuständige LAF nach einer Begehung die Immobilie wegen Bedenken an der baulichen Eignung ab.
Das Bezirksamt Pankow hat dagegen das leer stehende Bürohaus als Bleibe für 234 Personen genehmigt. Der Eigentümer hatte die Umfunktionierung der ungenutzten Immobilie bei Baustadtrat Bechtler beantragt. Im November des vergangenen Jahres kam schließlich die Genehmigung. Dort werden allerdings nicht nur Geflüchtete unterkommen.
Unter die Beherbergungspflicht des Landes fallen unterschiedliche Personengruppen, nicht nur geflüchtete Menschen. »Diese Unterbringungsmöglichkeiten stehen für alleinstehende Personen und Familien aller Nationalitäten zur Vermeidung der Obdachlosigkeit zur Verfügung«, erklärte die zuständige Sozialstadträtin Dominique Krössin (Linkspartei) gegenüber der »Berliner Morgenpost«. Die vertragsfreie Einrichtung stehe außerdem allen Berliner Bezirken zur Belegung zur Verfügung. Die Anwohner dagegen wurden bisher nicht über die Einrichtung der Unterkunft informiert.
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