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Mietertag: Forderungen nach sozial gerechtem Wohnen
Deutscher Mietertag in Rostock-Warnemünde mit Wechsel an der Spitze und politischen Forderungen
Die Lage für Mieter*innen hat sich nach Einschätzung des scheidenden Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert. »Zentrale Vorhaben für mehr Mieterschutz wurden in der vergangenen Legislaturperiode einfach nicht umgesetzt, obwohl über die Hälfte der Menschen in Deutschland zur Miete wohnen.« So sei Wohnen für viele Menschen im Jahr 2025 zum Armutsrisiko geworden.
Die schlechte Lage ist Thema des 71. Deutschen Mietertags, der an diesem Samstag in Rostock-Warnemünde zu Ende geht. Bei dem dreitägigen Treffen von 400 Delegierten aus ganz Deutschland verabschiedete sich Siebenkotten nach sechs Jahren an der Spitze der größten Mieterorganisation Deutschlands in den Ruhestand. Zur Nachfolgerin gewählt wurde die bisherige Bundesdirektorin zur hauptamtlichen Präsidentin Melanie Weber-Moritz. »Die Mehrheit der Mieterinnen und Mieter wohnt in unzureichend gedämmten Wohnungen, die fossil beheizt werden«, sagte sie in ihrer Antrittsrede. »Um Mieter*innen vor zu hohen Energiekosten zu schützen, müssen endlich die Weichen für eine soziale Wärmewende im Gebäudebestand gestellt werden.«
Auf dem Mietertag wurden notwendige Kurskorrekturen gefordert – gerade mit Blick auf die neue Justizministerin Stefanie Hubig (SPD), die auf einer öffentlichen Kundegebung des Mieterbundes am Donnerstag sprach. Konkret fordert der Verband Mietenbegrenzung, den Bau und Erhalt bezahlbaren Wohnraums sowie klimagerechtes Wohnen.
Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt besteht laut Weber-Moritz ein wesentliches Problem darin, dass die Zahl der Sozialwohnungen stetig und rasant abgenommen hat. »Von einmal mehr als zwei auf jetzt circa eine Millionen Wohnungen und das bei gut elf Millionen Sozialwohnungs-Berechtigten in Deutschland«, rechnet sie vor. Der Mieterbund möchte erreichen, dass die Preisbindung bei Sozialwohnungen dauerhaft bestehen bleibt, und fordert ein neues System, das sich am »Wiener Modell« orientiert. Es könne nicht sein, dass Sozialbindungen nur 15 bis 25 Jahre gelten und dann die Wohnungen aus dieser Bindung fallen und entsprechend teuer werden, so die DMB-Chefin.
Die Verlängerung der Mietpreisbremse, die der Bundestag am Donnerstag beschlossen hatte, wurde zwar begrüßt, der Verband sieht aber Nachbesserungsbedarf. Sind bisher Neubauten ab 2014 davon ausgenommen, möchte Siebenkotten den Stichtag auf 2023 begrenzen. Auch die Umgehung der Bremse durch Modernisierung und Möblierung will er bekämpfen. Es gehe nicht an, dass 35 Prozent der Neuvermietungen als möblierte Wohnungen deklariert werden, ohne den Wert dieser Möblierungen im Mietvertrag auszuweisen. Hier sei der Gesetzgeber mehr denn je gefragt.
Ein Dorn im Auge des DMB ist auch die »Kappungsgrenze«, also die 15 Prozent, mit der Mieten, die noch unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, in angespannten Wohnungsmärkten maximal in drei Jahren steigen dürfen. Sie sollen nur um höchstens zwei Prozent steigen dürfen – so lange, bis mehr bezahlbare Wohnungen vorhanden sind. Ebenso müssten Vermieter, die gegen mietpreisbegrenzende Regeln verstoßen, mit einem empfindlichen Bußgeld belegt werden.
Für die notwendigen energetischen Sanierungen, die bisher zu starken Mietsteigerungen führten, sollte ein neues »Drittel-Modell« eingeführt werden: Ein Drittel trägt der Staat durch Förderungen, ein Drittel die Mieter*innen und ein Drittel die Vermieter*innen. Der DMB fordert zudem eine Eingrenzung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, durch die bundesweite Schaffung einer notwendigen Zustimmung der Kommunen und die Schaffung eines Wohnungskatasters.
Mehr als 70 Anträge liegen von den mehr als 300 Mietervereinen vor, die in Warnemünde tagen. »Wegen seines hohen Stellenwertes für den gesellschaftlichen Zusammenhalt fordern wir, das Grundrecht auf Wohnen ins Grundgesetz aufzunehmen«, ist eine Forderung. Eine andere ist die nach einem »Mietendeckel«, was über den bisher verankerten Wunsch nach einem sechsjährigen »Mietenstopp« hinausgeht. Vor allem große und wohnungspolitisch aktive Mietervereine fordern dies, um in Gebieten mit Wohnungsnotlagen die Mieten auch adäquat absenken zu können.
Der Mieterbund ist der Dachverband von 15 Landesverbänden und über 300 örtlichen Mietervereinen mit mehr als 500 Beratungsstellen in ganz Deutschland. Mitglied sind aktuell rund drei Millionen Mieterinnen und Mieter. Beobachtern gilt der DMB als großer schwerer »Tanker«, der nur langsam zu manövrieren ist.
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