Kontroverse um Waffenverbotszonen in Hessen

Hinweise auf massenhaftes Racial Profiling in Darmstadt

Ein Schild mit durchgestrichenen Symbolen weist in Wiesbaden auf ein Verbot von Waffen und gefährlichen Gegenständen hin.
Ein Schild mit durchgestrichenen Symbolen weist in Wiesbaden auf ein Verbot von Waffen und gefährlichen Gegenständen hin.

In Gießen wird die Einführung einer Waffenverbotszone geprüft – die Polizei dürfte dort Personen ohne konkreten Verdacht kontrollieren. Anlass ist ein Offener Brief von Anwohner*innen, in dem über unerwünschten Drogenkonsum, Bedrohungen und Gewalt berichtet wird. Bürgermeister Alexander Wright (Grüne) erklärte im Stadtparlament, dass bereits verstärkte Kontrollen durch Polizei und Ordnungsamt erfolgen. Auch Videoüberwachung und der Einsatz der Mobilen Wache seien vorgesehen, berichtet der »Gießener Anzeiger«.

In Hessen gibt es bereits mehrere Waffenverbotszonen, die sowohl in bestimmten Städten als auch landesweit im öffentlichen Nahverkehr gelten. Erfasst sind davon alle Schuss-, Hieb- und Stichwaffen sowie Reizstoffsprays und Elektroschockgeräte. Eingerichtet wurden die Zonen in Frankfurt, Wiesbaden, Limburg, Kassel sowie Anfang 2025 auch in Bad Hersfeld. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit und können mit bis zu 10 000 Euro Bußgeld geahndet werden.

Auch in Darmstadt ist eine solche Waffenverbotszone seit Einführung der landesweiten Regelung für den öffentlichen Nahverkehr in Kraft. Laut Polizeipräsidium Südhessen wurden in der Stadt und im Landkreis Darmstadt-Dieburg an 18 Einsatztagen bereits rund 900 Personen überprüft und dabei 16 Messer sichergestellt.

Bei den Einsätzen würden mitunter ganze Busse und Straßenbahnen gestoppt, sämtliche Fahrgäste mussten in mindestens einem Fall aussteigen, schreibt die »Frankfurter Rundschau«. Betroffene berichteten der Zeitung, sie hätten sich in einer Reihe vor der Polizei aufstellen müssen. Eine Studentin habe die Situation als »unangenehm« beschrieben. Ein Zwölfjähriger sei nach einer Bastelschere im Ranzen gefragt worden und daraufhin »sehr verunsichert« gewesen. Ein anderer Zeuge beobachtete, dass Personen mit dunklerer Hautfarbe teils länger und intensiver kontrolliert worden seien.

Die Grünen in Darmstadt kritisieren die Vorgehensweise als unverhältnismäßig. Zwar habe man im Stadtparlament einer Waffenverbotszone am Luisenplatz zugestimmt, fordere nun aber eine gezielte und diskriminierungsfreie Umsetzung. Das hessische Innenministerium verteidigt die Maßnahme als Abschreckung. Laut Polizei habe es bislang nur zwei Beschwerden gegeben. Viele Bürger*innen würden die Einsätze begrüßen.

Ein letzte Woche veröffentlichtes Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages weist indes auf rechtliche Unsicherheiten hin, wenn eine Waffenverbotszone nicht ausreichend kenntlich gemacht ist. Zwar sieht das Waffengesetz keine Pflicht zur Beschilderung vor. Wird eine Zone aber nicht klar erkennbar ausgewiesen, kann dies dazu führen, dass ein verhängtes Bußgeld nicht rechtmäßig ist. In solchen Fällen könne ein »unvermeidbarer Verbotsirrtum« vorliegen – etwa wenn jemand die Zone betritt, ohne sie als solche erkennen zu können. In Einzelfällen könne das zur Folge haben, dass keine Geldbuße verhängt werden darf.

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