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Schnäppchen gibt es gar nicht
Nach einem Abfall ab Mitte 2022 stabilisieren sich die Grundstückspreise in Brandenburg
118 Quadratmeter Wohnfläche auf einem 489 Quadratmeter großen Grundstück bietet die sechs Zimmer zählende Doppelhaushälfte in Kleinmachnow. Das Foto, mit dem diese Immobilie zum Verkauf angeboten wird, zeigt keine prächtige Villa und nur arg vertrockneten Rasen hinter einem eher schmucklosen Gartenzaun.
Trotzdem soll diese Doppelhaushälfte 895 000 Euro kosten. Der Preis erklärt sich aus der Lage. Kleinmachnow grenzt unmittelbar an das noble Berlin-Zehlendorf und hat sich schon lange zu einem teuren Pflaster entwickelt.
Das spiegelt sich auch im neuesten Grundstücksmarktbericht für das Land Brandenburg wider, den Innenstaatssekretär Frank Stolper am Montag in Potsdam vorstellte. An seiner Seite Wilk Mroß, seit Oktober neuer Vorsitzender des Oberen Gutachterausschusses von Brandenburg. Die Notare sind angehalten, beurkundete Kaufverträge an die Gutachterausschüsse weiterzuleiten, und diese lesen aus den daraus entnommenen Zahlen Entwicklungen ab, und zwar ausdrücklich wertfrei. »Wir sind nur die Protokollanten«, wehrt es Mroß am Montag ab, die anhaltende Flaute bei Gewerbeimmobilien zu interpretieren.
Spekulieren lässt sich derweil leicht: Die Wirtschaftskrise, der Deutschland während der Corona-Pandemie noch halbwegs entkommen war, in die es aber seit dem russischen Angriff auf die Ukraine geraten ist, hält an. Nachdem 2023 in Brandenburg immerhin 505 Millionen Euro für den Kauf von Bauland für Gewerbe ausgegeben wurden, waren es 2024 gerade einmal 78 Millionen Euro. Der starke Preisabfall erklärt sich allerdings auch damit, dass 2023 einige sehr teure Baugrundstücke für Rechenzentren gehandelt worden sind. Statt 522 Hektar wurden 2024 nur noch 296 Hektar Bauland für Gewerbe veräußert. Dabei unterschieden sich die konkret verlangten Summen für den Quadratmeter erheblich. Waren es in abgelegenen Gegenden lediglich vier Euro, so wurden in der Nähe des Flughafens BER in Schönefeld bis zu 1200 Euro je Quadratmeter gefordert.
Insgesamt hat sich auf dem Brandenburger Grundstücksmarkt derweil »eine auch in ganz Deutschland erkennbare Trendwende vollzogen«, wie Staatssekretär Stolper sagt. »Bis zum Jahr 2022 traf eine hohe Nachfrage auf schnell steigende Immobilienpreise«, führt er aus. »Ab Mitte 2022 wurden erhebliche Umsatzrückgänge und erstmals wieder stagnierende und auch fallende Kaufpreise beobachtet. Die Zahlen für 2024 deuten jetzt auf eine Erholung des Marktes.« Dass die Preise nicht weiter fallen, ist nach Ansicht von Stolper eine »gute Nachricht«. Für junge Familien bedeutet es aber: Sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen, wird nicht erschwinglicher. Nicht nach Grundstücksgröße, Baujahr und Ausstattung differenziert, kostete ein frei stehendes Einfamilienhaus im vergangenen Jahr im Berliner Umland durchschnittlich 492 000 Euro, weiter draußen nur 248 000 Euro.
Während der Quadratmeterpreis für ein Einfamilienhausgrundstück im Berliner Speckgürtel um 6 Prozent auf 316 Euro sank, kletterte er außerhalb des Speckgürtels um 11 Prozent auf 103 Euro. Festgestellt haben Mroß und seine Kollegen dabei: Die Preise steigen insbesondere dort, von wo aus Berlin innerhalb einer Stunde zu erreichen ist, wo es einen Bahnhof gibt oder wo ein Schnellbus mindestens im Stundentakt verkehrt. Dort kaufen sich dann diejenigen ein Häuschen, die sich die eine oder anderthalb Millionen Euro nicht leisten können, die im Berliner Umland oft verlangt werden.
»Als Gutachter muss ich sagen: Schnäppchen gibt es gar nicht«, so Mroß. Wenn irgendwo eine Immobilie deutlich billiger sei als anderswo, dann erkläre sich das in der Regel mit ihrer Lage.
- 2021 wurden auf dem Höhepunkt der Entwicklung in Brandenburg 10,1 Milliarden Euro für den Kauf von Grundstücken ausgegeben. 2023 waren es plötzlich nur noch 5,7 Milliarden Euro.
- Während in Brandenburg im vergangenen Jahr 25 393 Kaufverträge im Gesamtumfang von 6,3 Milliarden Euro abgeschlossen worden sind, waren es in Sachsen-Anhalt mit 24 700 fast genauso viele Verträge; die Kaufsumme belief sich dort aber auf insgesamt lediglich 3,6 Milliarden Euro. Das liegt daran, dass Grundstücke im Berliner Umland erheblich teurer sind als anderswo in Ostdeutschland.
- Der Durchschnittspreis für den Quadratmeter Acker stieg 2024 in Brandenburg um sechs Cent auf 1,17 Euro, der für den Quadratmeter Grünland um zwei Cent auf 1,11 Euro. af
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