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Katzenmuseum: Eigensinnige Teufelsbraten

Museyroom (Teil 23): Das Katzenkabinett in Amsterdam

  • Jürgen Schneider
  • Lesedauer: 5 Min.
Ein angemessenes Ambiente für ein Katzenmuseum
Ein angemessenes Ambiente für ein Katzenmuseum

Seit Tausenden von Jahren versucht der Mensch, die Katze zu domestizieren, doch es mag nicht recht gelingen. Der junge Kater meiner Nachbarn heißt Klaus. Und dies, weil er klaut: die Bockwurst aus dem Kochtopf, die noch verpackten Leckerlis aus dem Regal. In der übrigen Zeit jagt und erlegt Klaus im Garten Mäuse und Vögel. Schon im alten Ägypten wurden Katzen ab etwa 2000 vor unserer Zeitrechnung domestiziert, um Mäuse und Ratten fernzuhalten.

Andererseits gab es bereits in früheren Epochen eine religiöse Ausdeutung von Katzen, also schon eine Rolle vor der Domestizierung. Katzen waren nicht heilig, so die Ägyptologin Julia Budka, aber sie waren mit verschiedenen Gottheiten assoziiert. Bereits recht früh im sogenannten Mittleren Reich war der Kater mit dem Sonnengott verknüpft und die Katze galt als die Tochter. Später wurden ehemals Göttinnen in Löwengestalt, wie beispielsweise Bastet, katzengestaltig dargestellt.

In der noch späteren Epoche, so Budka weiter, gab es riesige Katzenkatakomben, wo Millionen von Katzenmumien bestattet wurden. Die Katzenmumien waren Votivgaben an die Gottheiten. Es war aber nicht wirklich katzenlieb, was mit diesen Tieren passiert ist. Wenn man in diese Tiermumien hineinschaut, beinhalten sie zum einen zusammengestückelte Tiere. Zum anderen handelt es sich größtenteils um Jungtiere, denen der Hals umgedreht wurde. Die sind also nicht friedlich auf dem Sofa eingeschlafen. Es handelte sich um eine Zucht. Man hat die Tiere als Opfergaben verwendet und verkauft.

Das mit Lärm verbundene Paarungsverhalten der Katze, die Verweigerung jedes Befehls und der viele Schlaf wurden von den Kirchenoberen als Merkmale eines schlechten Charakters gedeutet.

In unseren Breiten machte das Christentum der sich seit dem 11. Jahrhundert entwickelnden Popularität der Katze einen gehörigen Strich durch die Rechnung, denn es galt fortan, alles Heidnische zu eliminieren – und Katzen waren etwa in der germanischen Mythologie hoch angesehene Tiere. Das mit Lärm verbundene Paarungsverhalten der Katze, die Verweigerung jedes Befehls und der viele Schlaf wurden von den Kirchenoberen als Merkmale eines schlechten Charakters gedeutet. Als Höhepunkt ihrer Dämonisierung wurde die Katze schließlich zu Satans Verkörperung schlechthin stilisiert. Als während der Inquisition Hexenverbrennungen an der Tagesordnung waren, um sich vermeintlicher Ketzerinnen zu entledigen, hieß es, die Katze als Symbol des Teufels suche Menschen vorrangig in Gestalt von Frauen heim, vor allem Hexen.

Im »Katten Kabinet« (Katzenkabinett), beheimatet in einer Stadtvilla an der Amsterdamer Herengracht und laut Eigenwerbung das einzige Katzenmuseum der Welt, ist eine Katzenmumie aus dem 2. Jh. v. u. Z. ausgestellt. Das Katzenkabinett feiert in diesem Jahr sein 35-jähriges Jubiläum. Es wurde von dem Bankier und Katzenfreund Bob Meijer in Erinnerung an seinen nach einem US-Unternehmer benannten Kater John Pierpont Morgan (1966–1983) ins Leben gerufen.

Dem Kater wurden einige Limericks gewidmet, darunter dieser: »Einst gab es nen Kater in Utrecht, dem war ehelicher Sex nicht recht. Er sprang auf das Bett, kroch zum Kopfende & wachte, dass kein Sex stattfände.« Meijer hebt gerne hervor, dass er von seinem Kuschelgefährten das »Katzen-Nickerchen« gelernt habe. Gegenwärtig können die Besucher*innen des Katzenkabinetts das Nickerchen von zwei im Kabinett lebenden Katzen erlernen.

Meijer hat eine erstaunliche Sammlung an Katzen-Gemälden, -Skulpturen, -Plakaten und -Fotos zusammengetragen. Allein die Plakatsammlung umfasst 450 Exemplare, darunter »Tournée du Le Chat Noir«, ein Plakat von Théophile-Alexandre Steinlen (1859–1923) aus dem Jahr 1895, entworfen für das Pariser Cabaret Le Chat Noir. Auch Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901) war mit dem Le Chat Noir verbunden und entwarf Plakate für das Cabaret, wie etwa das »May Belfort« betitelte, auf dem die Sängerin mit ihrer schwarzen Katze zu sehen ist.

Seit Jules Chéret (1836–1932) in Paris ab 1866 das eher malerische Aussehen der früheren Vielfarben-Drucke durch verstärkt flächige und stilisierte Darstellungen ersetzte, entwickelte sich die Plakatkunst zu einem eigenen Genre und das Sammeln von Plakaten, auf denen allerdings häufiger Frauen als Katzen zu sehen waren, zu einer »Affichomanie«. Die Meijer’sche Plakatsammelmanie führte dazu, dass in seinem Katzenkabinett mangels Wandfläche viele der gerahmten Plakate im Flur auf dem Boden stehen oder im Garten platziert wurden.

Recht versteckt hängt die Radierung »Maria und Kind, mit Katze und Schlange« (1654) von Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606–1669). Die schlichte Darstellung der Heiligen Familie zeigt ein holländisches Interieur des 17. Jahrhunderts. Maria sitzt mit dem Jesuskind an einem offenen Kamin, Joseph blickt auf das Geschehen durch das Fenster hinter ihr, während eine Katze mit Marias Rock spielt. Zur Meijer’schen Sammlung gehört auch die eher flüchtige Skizze »Die Katze« (1940) von Pablo Picasso (1881–1973).

Museyroom

Im Museum liegt die Kraft. Glauben Sie nicht? Gehen Sie doch mal rein! Jeden Monat stellen wir eins vor, in Text und Bild. So wie James Joyce es in »Finnegans Wake« geschrieben hat: »This is the way to the museyroom.«

Henriëtte Ronner-Knip (1821–1909) malte Hunderte von gepflegten Hauskatzen, die sich in der heilen Welt der Interieurs des 19. Jahrhunderts tummeln. Der aus einer jüdischen Diamantenschleiferfamilie stammende Amsterdamer Maler Sal Meijer (1877–1965) porträtierte immer wieder Katzen, die die Betrachter*innen ansehen. Die meist schwarzen Katzen des russischen Impressionisten Nicolas Tarkhoff (1871–1930) bewegen sich in äußerst bunter Umgebung. Auch der niederländische Maler Arian van Gent (* 1970) widmet sich immer wieder den Katzen. Derzeit stellt er (bis zum 7. September) im Katzenkabinett aus. Das wohl berühmteste Katzengemälde, »My Wife’s Lovers« (1891) von dem österreichischen Genre- und Tiermaler Carl Kahler (1856–1906), das 42 Katzen zeigt, Angorakatzen zumeist, hängt allerdings nicht in Amsterdam, sondern befindet sich im Privatbesitz des Sammlerehepaars Heather und John Mozart in North Carolina.

Die Fotos im Katzenkabinett zeigen Prominente mit ihren Katzen wie etwa Audrey Hepburn und ihre Katze Orangey, Andy Warhol mit einer seiner Katzen, die sämtlich Sam hießen, oder die englische Künstlerin Tracey Emin mit ihrer Katze Docket. Fragte sich der französische Philosoph Jacques Derrida, was seine Katze wohl denkt, wenn sie ihn nackt sieht, so fragt sich Tracey Emin, was ihre Katze wohl denkt, wenn sie Frauchen masturbieren sieht.

Neben zahlreichen lieblichen Katzenskulpturen ist im Katzenkabinett auch der Entwurf des Katzenfiguren-Flipperautomaten »Lucky Cat« (2003) des in den Niederlanden lebenden japanischen Künstlers Tadaaki Narita (*1970) zu bestaunen. Im Treppenhaus lautet die Botschaft der Collage eines Victor IV allerdings: »Cats are not important.«

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