- Berlin
- Saskia Ludwig
Stramm rechts mit Anfangsverdacht des Abschreibens
Plagiatsvorwurf gegen SPD-Verfassungsrichterkandidatin erweist sich als Bumerang
Solange die Plagiatsvorwürfe gegen Frauke Brosius-Gersdorf nicht restlos ausgeräumt seien, müsse die Rechtsprofessorin ihren Lehrstuhl an der Universität Potsdam ruhen lassen. Mit dieser Ansage machte die Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU) Stimmung gegen die Wahl von Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin. Ludwig störte, dass die Professorin eine allgemeine Corona-Impfpflicht für vereinbar mit der Verfassung gehalten habe.
Nun sieht sich die Abgeordnete selbst einem Plagiatsvorwurf ausgesetzt. Die Universität Potsdam prüft, ob Ludwig in ihrer Doktorarbeit von 2007 korrekt zitierte. Die »FAZ« berichtete darüber bereits am 20. Juli. Der publizistisch tätige Jurist Jochen Zenthöfer, auch freier Mitarbeiter der Zeitung, will auf den ersten 113 Seiten von Ludwigs Doktorarbeit 86 nicht gekennzeichnete Übernahmen gefunden haben. Ludwig hatte damals als noch unverheiratete Saskia Funck promoviert.
»Da werden die beantragten Textstellen noch mal überprüft, da werden die Zeitachsen überprüft, zu denen die Texte publiziert wurden, um so zu einem Gesamtbild zu kommen«, sagte der Uni-Präsident Oliver Günther zur Deutschen Presseagentur. »Die Informationen, die von außen an uns herangetragen wurden, auch von sogenannten Plagiatsjägern, werden einbezogen.«
Die Prüfung könne laut Günther mehrere Monate dauern, Ludwig werde dazu eine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die 57-Jährige postete bereits am 20. Juli einen Link zu ihrer Arbeit und sagt, jeder könne sich so eine Meinung bilden.
Ludwig studierte in Leipzig »Sozialistische Betriebswirtschaft«, floh im Oktober 1989 aus der DDR, machte ihr Vordiplom in München, das Diplom 1995 an der Freien Universität Berlin. Von 2004 bis Anfang 2025 war sie Landtagsabgeordnete in Brandenburg. Früh fiel sie mit Gastbeiträgen in der rechten Wochenzeitung »Junge Freiheit« auf. Die Brandmauer gegen die AfD nannte Ludwig mehrfach »höchst undemokratisch«. Den Vorwurf, sie habe CDU-Chef Friedrich Merz zur Koalition mit der AfD geraten, wies sie zurück. Ihre Formulierung legte den Verdacht nahe, aber wörtlich hatte sie das nicht gesagt.
Lässt die Politikerin ihr Mandat nun ruhen? Nein, sie setzt ihren Feldzug gegen Brosdorf-Gersius fort und wird in rechtslastigen Alternativmedien als Opfer einer linksgrünen Kampagne dargestellt.
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