Vermögensteuer: Demokratie geht nur gerecht

Julia Elwing über die Notwendigkeit einer Vermögensteuer in Deutschland

  • Julia Elwing
  • Lesedauer: 3 Min.
Bundestagspetition – Vermögensteuer: Demokratie geht nur gerecht

Während immer mehr Menschen in Deutschland mit steigenden Lebensmittelpreisen und Mieten kämpfen, wächst das Vermögen der Überreichen unaufhörlich. Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt mittlerweile rund 35 Prozent des gesamten Vermögens – während die ärmere Hälfte nicht am gesellschaftlichen Reichtum teilnehmen kann, so gut wie nichts hat oder verschuldet ist. Diese Ungleichverteilung ist nicht nur ungerecht, sie gefährdet auch Zusammenhalt und Demokratie.

Die Gerechtigkeit steht Kopf: Das Steuersystem belastet Arbeit stärker als Kapital. Wer als Pflegekraft, Handwerkerin oder Angestellte arbeitet, zahlt oft einen höheren Steuersatz als jemand, der mit geerbten Unternehmensanteilen Millionen verdient. Gleichzeitig fehlt dem Staat Geld für bezahlbaren Wohnraum, Bildung, Gesundheit oder Klimaschutz. Eine Vermögensteuer könnte diese Mittel bereitstellen, die den Bundesländern zustehen.

Während Bundeskanzler Friedrich Merz im Sommerinterview die Unwahrheit verbreitete, eine Vermögensteuer sei grundsätzlich verfassungswidrig, ist sie in Artikel 106 des Grundgesetzes ausdrücklich vorgesehen. Ihre Aussetzung im Jahr 1995 wurde vom Verfassungsgericht nur mit der damaligen Bemessungsgrundlage begründet, die jederzeit geändert werden kann.

Julia Elwing

Julia Elwing ist Mitglied im Koordinierungkreis von Attac Deutschland, dort u.a. aktiv in der Kampagnengruppe »Tax the Rich«. Sie ist Hauptpetentin der Bundestagspetition des globalisierungskritischen Netzwerkes für eine Vermögensteuer.

Etwa 70 Prozent der Menschen in Deutschland befürworten die Vermögensteuer, trotzdem wurde sie von SPD und Grünen, die sie beide in Wahlprogrammen fordern, in keiner Koalition durchgesetzt. Warum wird diese Forderung anscheinend immer zuerst aufgegeben? Überreiche verfügen nicht nur über Geld, sondern auch über enorme Macht: Sie finanzieren Lobbyverbände, nehmen über Parteien und Medien Einfluss auf Entscheidungen und öffentliche Debatten. Sie verbreiten Mythen wie die von der drohenden massiven Kapitalflucht, obwohl die Wegzugsbesteuerung genau dort greift. Es wird gebetsmühlenartig wiederholt, dass eine Besteuerung von Überreichtum der Wirtschaft schade, obwohl neuere Studien darauf hindeuten, dass zu große Ungleichheit Investitionen
verhindert.

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Eine Vermögensteuer ist keine radikale Forderung – sie ist eine überfällige Notwendigkeit. Deshalb haben wir von Attac eine Petition beim Bundestag eingereicht, in der wir deren Wiedererhebung fordern. Inzwischen haben bereits über 20.000 Menschen an Infoständen unterschrieben und über 30.000 online; eine Mitzeichnung ist noch bis zum 11. August möglich. Der Petitionsausschuss des Bundestages muss sich in einer öffentlichen Anhörung mit unserer Forderung auseinandersetzen. Jede weitere Unterzeichnung stärkt unseren Standpunkt nachdrücklich.

Auch international stehen die Zeichen auf Besteuerung von Überreichtum – etwa durch die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung großer Vermögen, wie sie im Rahmen der UN-Steuerkonvention diskutiert wird. Koordinierte Maßnahmen gegen Steueroasen, ein besserer internationaler Informationsaustausch und eine Finanztransaktionssteuer könnten zusätzliche Einnahmen generieren und Spekulation eindämmen. Das alles ist keine Utopie, sondern politisch realisierbar – wenn der öffentliche Druck groß genug ist.

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