Der FC Bayern im DFB-Pokal: Jugend forscht

Die Bayern wollen endlich wieder den Pokal gewinnen – müssen aber auch ihre Talente fördern

  • Johann Caspar Nilius
  • Lesedauer: 5 Min.
Hoffnungsträger: Mit Lennart Karl (l.) hat der FC Bayern mal wieder ein großes Talent aus der eigenen Jugend im Kader. Jetzt muss sein Trainer ihm nur noch vertrauen.
Hoffnungsträger: Mit Lennart Karl (l.) hat der FC Bayern mal wieder ein großes Talent aus der eigenen Jugend im Kader. Jetzt muss sein Trainer ihm nur noch vertrauen.

Der Saisonstart ist dem FC Bayern gelungen. Gleich im ersten Bundesligaspiel am Freitagabend zeigte sich die Mannschaft von Trainer Vincent Kompany imstande, Höchstleistungen zu vollbringen: Sie schoss gegen Rasenballsport Leipzig sechs Tore und ließ keinen einzigen Treffer der Gäste zu. Besonders die Offensivspieler durften dabei glänzen: Neuzugang Luis Díaz vom FC Liverpool erzielte bei seinem Ligadebüt direkt ein Tor und legte zwei weitere auf. Seine Nebenmänner Michael Olise und Harry Kane trafen doppelt beziehungsweise dreifach. Für die letzte halbe Stunde des Spiels wechselte Kompany sogar den erst 17-jährigen Lennart Karl ein.

Mangelnde Spielzeit für Talente

Nach dem gewonnenen Supercup kritisierten Fans und Experten den Trainer noch dafür, dass er den talentierten Rechtsaußen nicht mit Minuten belohnte, obwohl er in den Vorbereitungsspielen starke Leistungen zeigte. So sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus: »Für mich war es völlig unverständlich, dass Vincent Kompany gegen Stuttgart in der 80. Minute Raphaël Guerreiro für den angeschlagenen Serge Gnabry einwechselt.« Kompany nehme den jungen Spielern so ihr Selbstvertrauen, schrieb der Weltmeister von 1990 in seiner Kolumne bei »Sky«.

Dazu passt, dass im Sommer gleich zwei hoch veranlagte Spieler aus dem Bayern-Campus den Verein verlassen haben, weil sie nicht an ihre Chance glaubten: Der deutsche U21-Nationalspieler Paul Wanner ging zum PSV Eindhoven und Adam Aznou wechselte nach England zum FC Everton, nachdem er eine Nominierung für die A-Nationalmannschaft Marokkos abgelehnt hatte, um mit den Bayern zur Klub-WM zu fahren – bei der er insgesamt acht Minuten spielte. Reichen 30 Minuten für Karl gegen bereits geschlagene Leipziger, um die Kritiker verstummen zu lassen?

Die richtige Balance

Schon in der Vorsaison fiel auf, dass Spieler, die nicht zum Kreis der ersten 13 oder 14 Spieler zählten, kaum Chancen erhielten. Das führte zum einen dazu, dass sich viele Spieler verletzten, weil sie kaum Pausen bekamen und zum anderen dazu, dass ihre Vertreter ohne Spielpraxis nicht an ihr Leistungsmaximum kamen und schnell wieder aussortiert wurden. Dadurch kamen kaum junge Spieler zum Zug. Kompany vertraut bisher lieber den etablierten Kräften – auch aus Angst vor Kritik, wenn die jungen Spieler nicht die gleiche Leistung bringen können: »Wenn sie einmal schlecht spielen, bin ich alleine mit den Jungs«, sagte der Bayern-Trainer nach dem Supercup.

In diesem Jahr muss Kompany anders handeln, der Kader ist schließlich noch einmal geschrumpft: »Es ist vermutlich einer der kleinsten Kader, in denen ich je gespielt habe«, sagte Stürmer Harry Kane jüngst – zu Recht: Beim Liga-Auftakt am Freitag saßen nur vier erfahrene Feldspieler auf der Bank der Bayern.

Die wenigen Etablierten, die noch da sind, können nicht in jedem Spiel auflaufen. Nach der Klub-WM im Sommer hatten die Spieler nur drei Wochen Pause, um sich zu erholen, bevor sie zurück ins Training mussten. Die neue Spielzeit wird an ihren Kräften zehren. Gleichzeitig müssen sich die jungen Spieler wie Karl oder der 18-jährige Schwede Jonah Kusi-Asare an das Niveau gewöhnen, damit sie zu ernsthaften Alternativen werden. Das Pokalspiel gegen den Drittligisten aus Wiesbaden bietet sich hierfür geradezu an.

Dürfen sich die Topspieler also direkt einmal ausruhen? »Es geht noch nicht darum, Spieler zu schonen«, sagte Kompany auf der Pressekonferenz vorm Spiel, äußerte aber auch Bedenken darüber, ob seine Spieler schon in der Lage seien, drei Spiele in einer Woche zu absolvieren. »Wir müssen sicherstellen, dass unsere Spieler fit bleiben«, sagt er. Aber: »Wir wollen ins Finale in Berlin. Dafür müssen wir morgen gewinnen. Es wird ein Team starten, von dem wir denken, dass es das Spiel gewinnen kann.« Eine kleine Rotation in der Aufstellung scheint also vorstellbar – obwohl sich die Bayern in den letzten Jahren im Pokal enorm schwergetan haben.

Wiesbaden kann »Besonderes leisten«

Seit 2020 haben sie den Pokal nicht mehr gewonnen, flogen dabei teils gegen unterklassige Gegner raus – was auch Wiesbadens Trainer Nils Döring weiß: Der 45-Jährige konnte sich auf der Pressekonferenz vor dem Spiel ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er sagte, ihm sei durchaus bewusst, dass der FC Bayern in drei der letzten fünf Saisons nicht über die zweite Pokalrunde hinausgekommen ist.

Trotzdem stellte Döring klar: »Sie werden von mir keine Kampfansage hören.« Auch Elfmeter hätten seine Spieler nicht trainiert, denn »diese Stresssituation kann man im Training nicht nachstellen.« Von seinen Spielern ist er aber überzeugt: »Meine Mannschaft hat Qualität und ist in der Lage, an einem besonderen Tag auch Besonderes zu leisten.«

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